Mitte Juli hatten wir hier den Trailer zur neuen Dramedy-Serie „Woke“ gezeigt, in der Nacht zu Heute feierte das Hulu Original mit „New Girl“-Star Lamorne Morris in den USA Premiere. Ich habe einen Blick auf die Pilotfolge geworfen und möchte kurz und knapp meinen Eindruck zum Auftakt der gesellschaftlich relevanten Erzählung schildern.
„Inspired by one experience… shared by many.“
„Woke“ basiert auf der Geschichte des afroamerikanischen Cartoonisten Keith Knight, der seit 2008 den täglich erscheinenden Comic-Strip „The Knight Life“ erstellt und zusätzlich auch in „The K Chronicles“ gesellschaftliche Themen aufgreift. In der Serie selbst wird Knight leicht abgeändert als Keef geführt und von Lamorne Morris verkörpert, der zunächst noch so gar nicht aneckende Strips über eine Toast- und eine Butterscheibe erstellt. Gerade als „Toast -n- Butter“ national vertrieben werden soll, geschieht der Moment, der sein Leben verändern sollte.
„I make them.“ – „Oh, I didn‘t think you‘d be… tall.“ – „Happens all the time!“ (Keef & Mitreisender)
Nein, nicht das wiederholte Angesprochenwerden im Bus oder das verlorene Portmonee, ein Polizeivorfall sorgt dafür, dass Keef – entsprechend des Serientitels – aufwacht. Seine zuvor zwar nicht perfekte aber doch größtenteils heile Welt gerät aus den Fugen, als er Opfer von Polizeigewalt wird. Mit dieser Szene trifft „Woke“ natürlich nicht nur den Zahn der Zeit, der leider selbst der erschreckend übertriebenen Darstellung stand zu halten weiß, sondern weiß die Situation meiner Meinung nach auch ganz gut zu inszenieren. Morris unterstreicht die zweite Hälfte der Folge auch gekonnt mit etlichen überzeugenden Momenten der Verwirrung. Das hat aber noch seinen ganz anderen Grund.
Die Offenbarung, dass noch immer ein gehöriges Rassismus-Problem in der Gesellschaft vorliegt, das auch ihn ereilen könnte, ist das eine. Fortan manifestiert sich sein aufgewecktes Gewissen jedoch in Form von Cartoon-Augen und der Tatsache, dass Gegenstände anfangen, mit ihm zu sprechen.
Die Szenen, in denen nur Keef sich einbildet, ein fliegendes Stück Butter würde mit ihm reden, erinnert mich schon stark an „Happy!“. Zumal die zum Leben erweckten Gegenstände eher radikaler Natur sind. Sei es der Mülleimer-Anschlag an einen gentrifizierten Barber Shop oder eben der totale Meltdown beim eigentlich größten Moment seiner gerade erst startenden Karriere.
„We‘re gonna be the next Garfield!“ (Butter)
Statt des nächsten „Garfield“ setzt es nämlich einen gewaltigen Wutausbruch. In diesem Moment zeigt sich denke ich ganz gut der Charakter von „Woke“. Die Serie thematisiert relevante Umstände, versucht sie aber bissig ironisch einzurahmen. Das funktioniert meiner Meinung nach noch nicht vollkommen, aber lässt erahnen, wo die Reise hingehen könnte. Dennoch hatte ich mir einen lockereren Einstieg mit deutlich mehr Humor erhofft. Wollte Keef es zunächst „light“ halten, hat die Serie das relativ schnell auch sein lassen. Viele Gags sind dabei leider eher flach gehalten, wie der stumpfe Mitbewohner mit dem „Nicht-Kokain“…
Ein grundsolider Auftakt, der jedoch auch einige Schwächen offenbart hat. Noch fürchte ich, dass meine dann doch leicht überdurchschnittliche Bewertung vor allem zweier Aspekte entspringt. Zum einen die wichtige Erzählung einer selbst im Jahr 2020 noch immer viel zu ignorierten gesellschaftlichen Thematik. Zum anderen dem leicht durchgeknallten Gimmick der Realcartoon-Gegenstände. Denn nimmt man diese Punkte weg, ist „Woke“ eher leicht unterdurchschnittlich zu betrachten. Einzelne Handlungsstränge werfen derart offenkundig ihre Schatten voraus, dass wohl kaum mehr von Überraschungen die Rede sein dürfte (ja, damit meine ich dich, im Buchladen zunächst abgeblitzte Verlegerin…). Auch ist mir „Woke“ als eigentliche Comedy-Serie schlicht nicht lustig genug. Viele Momente waren dann auch zu vorhersehbar, wie bspw. im mittlerweile zum Klischee gewordenen „Klar weiß ich, was ich machen muss! – Äh, was muss ich machen…?“-Eigendialog.
Aber „Woke“ macht auch vieles richtig. Das Timing im Schnitt hat mir genauso gefallen, wie die größtenteils auf Tiefe und Qualität ausgerichtete Bildsprache. Klar, keine Hollywood-Kunst, aber absolut modern gehalten. Und hätte-wäre-wenn – Relevanz und Cartoonaugen SIND ja vorhanden, von daher bin ich gespannt, was in den nächsten sieben Episoden noch so folgen wird.
P.S.: Ich fühlte mich etwas schlecht beim Aufhellen der Screenshots…
Bilder: Hulu
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