6 Folgen à 30 Minuten – klang nach einem gut verdaulichen, schnellen Serien-Snack für zwischendurch, als ich zum ersten Mal von „Wolf like me“ hörte. Die Serie läuft bei Peacock, und hierzulande bei Amazon Prime Video, obwohl ja Sky in Verhandlungen mit Peakcock ist, diese Inhalte in den eigenen Streamingdienst zu übernehmen. „Wolf like me“ hat sich Amazon rausgepickt – eine clevere Entscheidung, wie man sechs Folgen oder drei Stunden später weiß.
Erste Überraschung: „Wolf like me“ ist eine australische Serie. Überraschung zwei folgt kurz nach dem Start in den ersten Minuten der Auftaktfolge: Der alleinerziehende Gary ist mit seiner Tocher Emma auf dem Weg zur Schule, als deren Auto von einem Jeep gerammt wird. Der Volvo der beiden überschlägt sich und bleibt auf den Rädern stehen. Beide sind praktisch unverletzt, stehen aber unter Schock. Gary, der eine zeitlang mit der alleinigen Verantwortung für Emma und der Trauer um den Tod seiner Frau überfordert war, macht sich ständig Sorgen um Emma und sreht jetzt auch komplett durch, in Sorge um Emma. Aber: Als er nach Emma schaut, sieht er, dass sich schon jemand um sie kümmert – es ist Mary, die Unfallverursacherin. Sie hat irgendwie einen Draht zu Emma und kann sie direkt beruhigen – was Gary verwundert, da Emma sonst eher niemanden an sich heran lässt.
Als Zuschauer überlegt man jetzt schon, was das bedeutet – geht‘s um eine übersinnliche Ebene der beiden, oder ist Mary eine Art Reinkarnation der Mutter? So Standard-Sachen eben, die einem bei Serien in der heutigen Zeit so in den Sinn kommen. Ist aber nicht so, weil die Serie, wie sich zeigen wird, in keine Schublade passt und immer wieder zu überraschen weiß.
In der zweiten Folge zum Beispiel, wenn sich Gary und Mary treffen und zusammen ausgehen. Mary verhält sich eigenartig, mit extrem wechselnden Stimmungen – geht‘s also um die psychischen Zustände von Mary und Emmma? Nein, auch nicht, denn als Mary am Ende das Date fluchtartig verlässt, durch die Straßen sprintet, um vor Einbruch der Dunkelheit zu Hause zu sein, ahnen wir (Okay, der Serientitel hilft auch mit), worum es geht. Ab jetzt fragt man sich eigentlich nur noch, wann Marys tierisches Geheimnis aufgedeckt wird. Doch auch hier überrascht die Serie: Bereits in der kommenden Folge wird alles aufgeklärt, sowohl für uns Zuschauer als auch für Gary.
Und damit öffnet sich direkt das nächste Kapitel – wie wird er mit dem Wissen umgehen? Jetzt geht‘s stark in Sachen Comedy weiter, wenn wir erkennen, warum Mary nicht ins italienische Restaurant möchte, warum sie Hühner und Ziegen für Zuhause einkauft und warum sie einen abschließbaren Keller hat. Gary spart nicht mit Anspielungen, und es entwickelt sich eine tolle Dynamik gerade zwischen den beiden Figuren. Dass das Schicksal beide immer wieder über Unfälle zusammenführt, fand ich etwas zu übertrieben, aber immerhin hält es Showrunner, Autor und Regisseur Abe Forsythe bis zum Ende durch, dass Gary weiterhin in seinem völlig ramponierten Volvo unterwegs ist.
Am Ende fragt man sich, wie die beiden Emma das Geheimnis offenbaren werden – auf jeden Fall auch hier anders als geplant. Nachdem der Wagen beim Wüstentrip nicht mehr anspringt, zeigt Mary ihr wahres Gesicht (Gary: „Emma, das ist Mary…“), und mit dieser Offenbarung können offensichtlich am Ende alle leben. Ganz klassisch fahren sie der Sonne entgegen, so dass man es schon etwas bedauert, dass „Wolf like me“ schon zu Ende sein soll. Die Serie ist einfach clever angelegt, durchbricht alle typischen Muster und Erwartungen, hat dazu Witz, Spannung, Dramatik – macht einfach Spaß. Aber keine Sorge – es wird eine 2. Staffel geben, hoffentlich wieder mit genauso vielen Überraschungen.
Kommentiere
Trackbacks