Eine der Serien, die trotz ihrer Qualität und Besonderheit noch immer viel zu wenige geschaut haben, ist „Orphan Black“. Die von 2013 bis 2017 mit 5 Staffeln zu jeweils zehn Episoden bei BBC America gelaufene Drama-Serie hat futuristische Science-Fiction mit britischem Humor vermengt. Vor allem aber hat sie uns das Schauspieltalent von Tatiana Maslany offenbart, die gleich mehrere Rollen in der Geschichte um mysteriöse Klone gespielt (und 2016 den Emmy Award als beste Hauptdarstellerin gewonnen) hat. Nicht umsonst hatten wir „Orphan Black“ 2014 als Serientipp hier im Blog sowie später auch Einzelfolgen-Reviews bis zum Serienfinale, 2023 kam es zudem auch noch zum Spin-off-Serie „Orphan Black: Echoes“ mit Krysten Ritter. Aber ein Review zur ersten Folge hatten wir leider nie. Nur gut, dass es unsere Rewatch-Reviews gibt!
Die Pilotfolge „Natural Selection“ ist am 30. März 2013 auf Sendung gegangen und führt uns Hauptfigur Sarah Manning direkt mal mit einem charmanten „Shit! …sorry.“ vor. Man fragt sich, was wohl alles (nicht oder anders) geschehen wäre, hätte sie ihren Bahnhalt verpasst. Denn kurze Zeit später und gerade mal zwei Minuten in die Folge hinein (was ich definitiv nicht mehr so früh in Erinnerung hatte) folgt ihr erster Kontakt mit einem ihrer Klone.
„It’s you with a nice haircut!“ – „And with a nice address.“ – Felix & Sarah
Was folgt sind nostalgische Gefühle beim Hören der Titelmelodie, ein freudiges Wiedersehen mit Felix (yay!) und ein etwas irritiertes mit Michael Mando. Diesen nach seiner Rolle in „Better Call Saul“ nochmal als Vic zu sehen, ist auch irgendwie seltsam. Er wirkt gleich viel furchterregender, vor allem bei seinem aggressiven ersten Auftritt. Und dann fragt er auch noch nach Drogen…
Die Aufmachung der Folge wirkt insgesamt noch immer stimmig, aber in Teilen vor allem im Schnitt und Sounddesign dann doch noch recht roh bis sogar flach. Aber das ist halt auch nun auch einfach fast zwölf Jahre her. Daran wird man spätestens erinnert, wenn Textnachrichten auf einem „Notsosmartphone“ gezeigt werden, haha.
Allgemein gibt es einen guten Auftakt in die Story mit vielen Fragezeichen zu sehen, wie zum Beispiel die Frage, ob es sich bei der identisch aussehenden Frau um einen verlorenen Zwilling der adoptierten Sarah handelt. Die Szene mit dem Lichthupe-machenden Auto und dem Polizisten, der „Beth“ in sein Auto zerrt, besitzt eine besonders starke Wirkung im Generieren von Unsicherheit. Und auch das erste nette Imitationsspielchen Sarahs als Beth ist wunderbar anzuschauen. Ihre kleine Trainings-Montage, die vielen kleinen Details, die die (nicht-nur-street-)smarte Protagonistin aufnimmt und verwendet, die etlichen „Weiß ich nicht“-Momente – das hat schon was. Zumal die Kameraarbeit ihren Teil dazu beiträgt, die inneren Gefühl der Figur nach Außen zu tragen.
Das Tempo ist erfreulich hoch und in der Dreiviertelstunde-langen Folge passiert bereits recht viel – man merkt, dass es sich um einen klassischen TV-Pilot handelt, der sich nicht viel Zeit für butterweiche Einleitung lassen kann. Ich hatte die Serie gar nicht mehr so ulkig in Erinnerung. Wie Vic zum Beispiel in seiner Trauerrede „She was the kind of person you want to hang… on to“ sagt – herrlich! Sarah trinkt Flüssigseife während Felix mit dem Pathologen flirtet, als Ablenkung des „Irgendwas ist anders…“-Gefühles von Paul folgt spontaner Sex, und der Schnitt von Vics „She’s not dead! Where is she?!“ zurück in die Pathologie war einfach großartig getimed!
Nebenbei wurden nicht nur bereits andere Klone angedeutet, ein weiteres (zunächst kurzes) Gastspiel folgt tatsächlich noch am Ende, als noch größerer Interessenserzeuger und mysteriöser Cliffhanger als der Bahn-Selbstmord der echten Beth. Spätestens bei Katjas Erschießung ist klar, dass da richtig große Dinge im Argen liegen. Man fragt sich in dem Moment nicht nur, wie Sarah aus der Angelegenheit herauskommen soll, und möchte unbedingt weiter schauen.
„Just One, I’m a Few, No Family Too, Who am I?“ – Katja
Die erste Folge von „Orphan Black“ ist ein richtig guter Auftakt in eine vielschichtige Story und zeigt bereits im Ansatz, auf was sich Zuschauer:innen freuen können. Natürlich entfaltet sich der ganz große Charm der Serie erst, wenn Tatiana Maslany mehrere Charaktere spielt, aber einen guten Vorgeschmack gab es immerhin bereits. Bis auf ein paar Elemente, die sich etwas in die Jahre gekommen anfühlen, kann man die Folge auch über zehn Jahre später noch wunderbar anschauen. Der Pilot macht Lust auf mehr und erfüllt damit vollends ihren Job. Vielleicht sollte ich der Serie doch nochmal einen kompletten Rewatch-Durchlauf gönnen…?
Bilder: BBC America
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