Es gibt da diese Serie, die mir wirklich gut gefällt und die für mich immer ein wenig Guilty Pleasure-Charakter hat. Aber warum eigentlich? Weil sie hoffnungslos romantisch erzählt ist? Weil sie im Fantasy-Genre zu Hause ist? Ich widme mich heute nochmal der Pilotfolge von „Outlander“, um herauszufinden, ob mich der Stoff nach wie vor interessiert – und ob die Serie eigentlich wirklich so guilty ist.
Die Story
„People disappear all the time.“ – Claire
Der Pilot ist intensiv! Es passiert so einiges in dieser Auftaktfolge, aber das Tempo ist für die Erzählung und das Setzen der Stimmung essentiell. Claire, eine Krankenschwester, die im Zweiten Weltkrieg bei der Versorgung der britischen Soldaten geholfen hat, befindet sich einige Monate nach dem Ende des Krieges in den zweiten Flitterwochen mit ihrem Mann Frank Randall. Die beiden müssen sich nach fünf Jahren räumlicher Trennung durch den Krieg erstmal wieder einander annähern. Dafür reisen sie in die Highlands, nach Inverness in Schottland. Frank ist an der Geschichte des Landes interessiert und betreibt ein wenig Ahnenforschung, weil einer seiner Vorfahren Jonathan „Black Jack“ Randall war. Claire ist eher an der Botanik des Landes interessiert, bedingt durch ihr medizinisches Wissen und ihre sonstigen Fertigkeiten, die ihr Onkel ihr mitgegeben hat, als sie ihn als junges Mädchen jahrelang bei archäologischen Missionen begleitete.
Es ist Halloween und Frank will unbedingt den „Hexen“ an den Standing Stones bei ihrem keltischen Ritual zusehen. So schleichen Claire und er sich nachts nach Craigh na Dun und beobachten aus der Ferne, wie einige Frauen in Gewändern mit Lichtern um die Steine tanzen. Zunächst belächeln sie das Ereignis, doch schnell stellt sich ein Gefühl der Ehrfurcht bei Claire ein.
Als die Frauen verschwinden, inspizieren die beiden den Ort des Geschehens und Claire entdeckt eine besondere und ihr noch unbekannte Blume, die ihr Interesse weckt. Später beschließt sie, noch einmal zu dem Ort zurückzufahren, um die Blume mitzunehmen. Als sie laute Geräusche vernimmt, berührt sie einen der Standing Stones, findet sich plötzlich in einer Erinnerung an einen Autounfall wieder und wacht ein wenig später am gleichen Ort wieder auf.
Claire findet ihr Auto nicht wieder und als um sie herum geschossen wird und uniformierte Männer, britische Redcoats, erscheinen, vermutet sie, dass sie aus Versehen am Set eines historischen Films gelandet ist. Doch als sie selbst zur Zielscheibe wird, flüchtet sie – und begegnet einem Mann, der ihrem Frank wie aus dem Gesicht geschnitten ist.
„You’re not Frank.“ – Claire
Der jedoch stellt sich ihr als Jonathan Randall vor und als sie nicht kooperiert, wird sie beinahe von ihm vergewaltigt – wäre da nicht Murtagh, der sie in der letzten Sekunde rettet und in eine abgelegene Hütte bringt, in der einige andere Gälisch sprechende Jacobites warten. Völlig irritiert und ohne logische Erklärung für das, was um sie herum gerade passiert, kommt hier ihr medizinisches Wissen zum Einsatz, denn der verletzte Jamie hat einen ausgerenkten Arm, den sie mal eben verarztet. Offenbar ist das Qualifikation genug, um die Gang bei ihrer bevorstehenden Reise begleiten zu dürfen.
„Thank you, Sassenach. Truly.“ – Jamie
Die Beziehungen
Auch wenn man zu diesem Zeitpunkt die weiteren Episoden noch nicht gesehen hat, ist die Richtung der Story recht schnell klar. Claire ist in einer Zeit gefangen, die nicht ihre eigene ist. Für die Personen hier spricht sie in Rätseln, es gibt keine Elektrik, die Medizin oder eher die Heilung ist auf einem ganz anderen Level und feurige Frauen wie sie haben hier schon mal gar nichts zu sagen. Frank ist nicht da und dennoch gibt es einen Mann, der aussieht, wie er und der unmittelbar als Feindbild gezeichnet wird. Zu Jamie baut Claire bereits in den ersten Minuten eine besondere Beziehung auf und er vertraut ihr ohne zu zögern. Perfekte Voraussetzung für Gefühlschaos. Und wir steigen hier tief in die Emotionen von Claire ein, denn sie ist die Erzählerin der Geschichte und lässt uns somit ganz nah an sie heran. Und während sich Claires Gegenwart mit Frank in einem dumpfen Grau abspielt, ist ihre Reise in die Vergangenheit plötzlich in ein sattes Grün getaucht. Verheißungsvoll!
Das Setting
Ich habe es schon zahlreiche Male in verschiedenen Beiträgen erwähnt: „Outlander“ hat damals meine Schottland-Liebe entfacht. Schon in der ersten Episode sehen wir einige beeindruckende Aufnahmen des Landes, die reizen. Und das steigert sich. Dazu kommen die historischen Gegebenheiten, die natürlich nicht in vollkommener Akkurratheit in der Serie behandelt werden, aber dennoch werden direkt im Piloten einige Informationen über die Zu- und Aufstände im 18. Jahrhundert in Schottland übermittelt und einige reale Schauplätze von damals gezeigt. Das Intro der Serie zeigt zudem viele weitere Eindrücke von Schottland.
Die Musik
Die Musik der Serie ist stark. Der US-amerikanische Komponist und Musiker Bear McCreary schafft mit seinen Melodien eine ganz besondere Atmosphäre, die eine perfekte Mischung aus Historie und Mystik ist. Der Skye Boat Songs des Intros, den McCreary zusammen mit Raya Yarbrough interpretiert hat, ist ebenfalls eingängig. Die schottische Dudelsackmusik, die einsetzt, als Claire vor den Redcoats flieht, ergänzt nicht nur schottischen Charme, sondern auch Humor. Und der schottische Akzent und das Gälische sind für meine Ohren definitiv auch Musik.
Fazit
Die Pilotfolge hat mir auch nach vielen Jahren wieder gut gefallen. Wer den Fortgang der Handlung bereits kennt, vermerkt im Auftakt schon zahlreiche Andeutungen, Anspielungen und Ausblicke auf das, was kommt. Viele der später sehr geliebten Figuren treten hier das erste Mal auf. Und der Konflikt zwischen beiden von Claires Welten ist bereits zum Ende der ersten Episode spürbar. Schottland nimmt mit der unglaublichen Natur und Geschichte einen zentralen Platz in der Geschichte ein.
Was mich sehr überrascht hat: Jede einzelne Episode der ersten Staffel „Outlander“ wurde auf IMDb mit mehr als 8 von 10 Sternen bewertet. Scheint, als ob ein bisschen Romantic Fantasy wirklich niemandem schadet. Warum also nicht noch weiter ein bisschen schottisches Pleasure genießen, ganz ohne Guilt?
„So far, I’d been assaulted, threatened, kidnapped and nearly raped. And somehow, I knew that my journey had only just begun.“ – Claire
Bilder: Starz
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