„Hallo, wir sind’s, Joko und Klaas, Duell um die Welt.“ Wenn zwei Moderatoren einer Sendung das Publikum so begrüßen, kann es sich nur um Joko Winterscheidt und Klaas-Heufer-Umlauf handeln – oder um Olli Schulz und Jan Böhmermann. In diesem Fall ist letztgenanntes Duo gemeint, das diese Begrüßung für den Auftakt ihrer neuen Talk-Reihe „Schulz & Böhmermann“ gewählt hat. Für Fans des Duos nichts Ungewöhnliches, für den Zuschauer, der erstmals mit den beiden (als Duo) in Kontakt kommt, sicher die erste witzige Überraschung der Sendung. Und es wird nicht die letzte bleiben.
Prolog: Sanft und Sorgfältig
Seit einigen Jahren treffen sich Olli Schulz und Jan Böhmermann einmal wöchentlich im Radio, um zwei Stunden lang über sich selbst, die Medien, Promis und vor allem über sich selbst zu reden. Das macht gehörigen Spaß, weil beide perfekt miteinander harmonieren, einfach ganz offen reden können, ohne groß Rücksicht zu nehmen, oder einfach mal als Fidi & Bumsi, den ersten sprechenden Handpuppen im Radio, die flachsten Sprüche zum besten geben. Da macht es auch nichts, dass sich die beiden während der Sendung oft gar nicht im gleichen Studio befinden, sondern Olli Schulz oft beim RBB in Potsdam, Böhmermann in seinem eigenen Studio in Köln oder irgendwo in Deutschland bei einer ARD-Sendeanstalt. Auch von seinem Amerika-Ulraub aus hat er sich schonmal zugeschaltet, im Gegenzug hat Olli Schulz während seiner Tour als Musiker auch schonmal aus dem Tourbus oder von den Proben aus moderiert. „Sanft & Sorgfältig“, so der Name der Radiosendung, hatte übrigens zwei – ebenfalls witzige – Vorläufer: Im wöchentlichen Wechsel moderierten Olli Schulz und Joko Winterscheidt auf der einen Seite eine Art Reportage-Format sowie Jan Böhmermann und Klaas Heufer-Umlauf auf der anderen Seite eine Call-In-Show. Joko und Klaas hatten irgendwann keine Zeit mehr, so dass Olli und Jan übrig blieben. Also machten sie zusammen die Sendung, jede Woche; Zu Beginn hieß die Sendung – „Joko und Klaas – mit Olli und Jan“, und hier schließt sich der Kreis.
In Jan Böhmermanns Sendung NeoMagazin Royale verkündeten die beiden dann irgendwann, dass sie eine gemeinsame Talk-Reihe machen werden – Schulz & Böhmermann. Das erinnerte stark an Roche & Böhmermann, ebenfalls eine Talk-Reihe, die vor ein paar Jahren im ZDF-Spartenprogramm unterwegs war und aufgrund ihrer Konzeption, Optik und ihres Inhalts für Furore sorgte. Irgendwann passte es aber offensichtlich nicht mehr mit Charlotte Roche, so dass die Reihe ein frühes Ende fand. Jetzt also Olli Schulz.
Schulz & Böhmermann – Folge 1
Gleich zu Beginn der ersten Folge – nach dem klasse Intro samt Titelsong von Get Well Soon & Kat Frankie – gibt es ein paar Referenzen an die Vorgeschichten; die gerade schon bemühte „Joko und Klaas“-Begrüßung, aber auch einen Hinweis von Jan Böhmermann, dass es ungewohnt sei, Olli beim Moderieren zu sehen, obwohl ja beide jede Woche zusammen moderierten. Ironisch weist Jan Böhmermann noch darauf hin, dass es sich ja um eine gänzlich neue Show mit neuem Konzept und neuer Optik handele. Dann kann es aber auch schon los gehen.
Olli Schulz gibt sich zunächst recht investigativ, versucht ernsthaft Fragen zu stellen, verliert sich dann aber schnell in Nebengeschichten oder Zwischenrufen der anderen. Das ist aber gar nicht schlimm, sondern macht eigentlich den Charme der Sendung aus. Wir werden in der nächsten Stunde nicht viel Neues, Tiefgründiges über die Gäste erfahren – das gab es auch bei Roche & Böhmermann schon nicht. Geblieben ist auch, dass Jan Böhmermann gerne mal so nebenbei spitze Bemerkungen und Fragen fallen lässt, um die Gäste aus der Reserve zu locken, wenn auch etwas zurückhaltender als früher. Zu Gert Postel, jahrelang als ‚falscher Arzt‘ tätig, meint er zum Beispiel:
Der einzige Hochstapler unter uns, der schon gesessen hat.
Kollegah geht darauf gerne ein und greift den Gedanken gleich auf:
Er hat immerhin 2 Jahre Knasterfahrung. Ich schreib‘ Dir die Texte dann machen wir das Ding.
Im Dialog mit Kollegah kommt auch die persönliche Ebene von Olli Schulz wieder stärker zum Tragen. Das ist das Schöne bei ihm: Er sagt ganz unverblümt, was er denkt, und fragt auch einfach, was ihn interessiert. So muss sich Kollegah damit auseinandersetzen, ob er denn als Gangster-Rapper durchgehen könne, wo er doch noch nie im Knast war und sogar Jura studiert hat. Kollegah ist glücklicherweise deswegen nicht beleidigt, sondern spielt munter zurück:
Ich bin ja scheinfrei.
Kollegah und Olli Schulz werden sich im Verlauf der Sendung weiter die Bälle zuspielen, doch erstmal ist Gert Postel weiter an der Reihe. Der reibt sich an der Auseinandersetzung mit Jan Böhmermann, pariert jede Anspielung mit teilweise abstrusen und abgedrehten Kommentaren:
Ich bin nicht darauf angewiesen, dass Sie Fragen stellen.
Oder als Olli Schulz sich einmischt:
Die Frage ist naiv.
Dass Olli Schulz von Postel schnell genervt ist, wird offensichtlich. Doch Olli Schulz holt sich schnell immer wieder Hilfe bei Kollegah:
Meinst Du, Du könntest eine Psychiatrie leiten? – 100prozentig.
Doch auch die selbstreferenzielle, selbstironische Seite von Olli Schulz kommt hier und da immer mal wieder durch, zum Beispiel, wenn er mit Anika Decker („Keinohrhasen“, „Zweiohrküken“, usw.) über ihre Drehbuch-Projekte spricht. Ganz beiläufig fragt er, ob sie nicht mal einen Film machen wolle über einen Underdog, der in der Medienszene rumdümpelt – natürlich Olli Schulz.
Und dann war da noch Jörg Kachelmann, auf den ich mich am meisten gefreut habe. Schon stark genug, dass Jan Böhmermann es überhaupt geschafft hat, ihn in eine Sendung zu holen. Kachelmann gibt sich in der Sendung ganz unaufgeregt, redet ruhig über seine Zeit im Gefängnis, beantwortet charmant alle Fragen. Keine Hass-Attacken auf die ARD oder die „Fiese Friede“, sondern eine rein sachliche Darstellung – sehr angenehm. Nur das penetrante Kreisen und das Thema Gefängnis schien ihn ein wenig zu stören. In 10 Jahren treffe man sich wieder und werde dann hoffentlich über etwas anderes reden. Gute Idee eigentlich, in ein paar Jahren nochmal die gleiche Runde stattfinden zu lassen…
Fazit
Dann war die Stunde auch schon durch; eine sehr unterhaltsame Stunde, mit tollen Gästen, hervorragend für diese Sendung zusammengestellt. Anika Decker kam vielleicht etwas zu kurz, im Gegensatz dazu spielte Kollegah groß auf – fand ich gut. Olli Schulz und Jan Böhmermann haben mir als Moderatoren auch gefallen, sowohl Olli Schulz‘ leicht angestrengt Investigative als auch seine etwas emotionaleren Reaktionen, wenn ihn was genervt oder gereizt hat. Jan Böhmermann hat sich merklich zurückgehalten und Olli Schulz mal machen lassen – fand ich auch angenehm. Bei Roche & Böhmermann wirkte er mitunter etwas zu provokativ und zerstörerisch – das war jetzt deutlich besser. Das Fazit der beiden am Schluss:
Okaye Sendung, Luft nach oben.
Luft nach oben – sicher. Aber nicht viel. War schon gut.
Die Sendung ist ab 20.15 Uhr in der ZDF Mediathek und ab 22.45 Uhr in ZDFneo zu sehen.
Fotos: ZDF / Ben Knabe
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