Serien, die die vierte Wand durchbrechen

In dieser Topliste habe ich einige Serien gesammelt, die sich darüber auszeichnen, auf gelungene Art und Weise die vierte Wand zu durchbrechen.

Was ist die „vierte Wand“?

Die „vierte Wand“ stammt aus dem Theater. Dort gibt es die Kulisse als hintere Wand des Spieles sowie die beiden Seitenwände des Bühnenbereiches. Nach vorne hin ist das Spiel „offen“ und an das Publikum ausgerichtet, mit dem in der Regel nicht interagiert wird. Passiert dies doch, indem eine Figur aus ihrer Rolle heraus bricht und zum Beispiel den Blick direkt gen Publikum richtet, spricht man vom „Durchbrechen der vierten Wand“. Man kann sich die Theaterbühne also entsprechend eines normalen Zimmers vorstellen. Im Serien- und Filmbereich wurde der Begriff für Momente übertragen, in denen Charaktere direkt in die Kameralinse schauen. Später kamen weitere Varianten der direkten Publikumsansprache hinzu (zum Beispiel Voice Overs).

Mockumentary: „The Office“ & Co.

Zunächst möchte ich einen Genre-Bereich in Gänze abdecken: die Mockumentaries. Wenn wir an das Durchbrechen der vierten Wand denken, kommen schnell Aufnahmen von z.B. Jim Halpert aus „The Office“ ins Gedächtnis, der stoisch gen Kamera blickt. Allerdings ist meiner Meinung nach zumindest mal diskutabel, ob es sich bei Mockumentary-Serien wirklich um klassische Wandbrechungen handelt, ist doch das Setup an sich bereits so gesetzt, dass Figuren mit einer im Serien-Universum vorhandenen Kamera interagieren. Dabei wird meiner Meinung nach nicht die vierte Wand durchbrochen, da Blicke und Gesten dem „Dokumentations-Team“ innerhalb der Serie gelten, die „an der 4. Wand“ stehen, wenn man so will, jedoch nicht dahinter. Entsprechend gibt es zwar etliche solcher Momente zu sehen, aber ich werde „Parks & Recreation“, „Stromberg“, „Arrested Development“, „What We Do in the Shadows“ und Co. in diesem Beitrag nicht separat auflisten.

Man könnte allerdings auch bei meinen folgenden Beispielen argumentieren, dass ein wirkliches Brechen der vierten Wand nur stattfindet, wenn eine Figur aus ihrer Rolle heraustritt, es also außer der Reihe und die Sache zu einem besonderen Moment macht. Entsprechend könnte man es so betrachten, dass wahre Vierte-Wand-Durchbrechungen nur als Einzelfälle gelten. Dennoch möchte ich Serien sammeln, die essenziell mit der Ansprache des Publikums spielen und diese Mechanik als grundlegende Charakterzeichnungs-Methodik verwenden.

„Chowder“

Ich habe die animierte Serie „Chowder“ bei Cartoon Network nie gesehen, sie scheint aber trotz ihrer gerade mal 49 Episoden und drei Staffeln eine lange Liste an Momenten zu bieten, in denen die vierte Wand durchbrochen wird. Hier eine Zusammenstellung, wobei mir besonders die Szene ab der Minutenmarke 3:05 gefällt:

„Der Prinz von Bel Air“

Auch die Sitcom „Der Prinz von Bel-Air“ (Originaltitel: „Fresh Prince of Bel-Air“ hatte über die Jahre einige solcher Momente, in denen da Publikum über Blicke oder Worte direkt angesprochen worden ist, ohne, dass diese Mechanik zu einem Großteil die Serie ausgemacht hat.

Als Beispiel möchte ich einen besonderen Moment aus der Folge „Same Game, Next Season“ (S05E12) heranziehen, in dem auch noch die Meta-Ebene sowie quasi der Blick auf eine „fünfte Wand“ geboten wird:

„Malcom mittendrin“

Kommen wir zu einer Sitcom, die den Bruch der vierten Wand quasi in ihrer DNA trägt. Eine der ersten Fälle strukturellem Vierte-Wand-Bruches in Serien dürften wir alle mit „Malcolm mittendrin“ (Originaltitel: „Malcolm in the Middle“) erfahren haben. Dort lässt uns Malcolm nicht nur über seine Erzählerstimme an seinem Leben teilhabe, er blickt und spricht auch regelmäßig direkt in die Kamera. In der Comedyserie wird gekonnt Gebrauch von Timing, Informationsdifferenzen und Widersprüchen gemacht, die sich zwischen In-Serie-Dialog und gen-Kamera-Monolog ergeben.

Wobei: Wie ein reddit-User ausgemacht haben will, könnte es sich gar nicht um ein wirkliches Durchbrechen der vierten Wand handeln, weil Malcolm mutmaßlich nur gedanklich spielt, ein TV-Charakter zu sein, um mit seinem misslichen Leben klar zu kommen. Interessante Theorie.

„Fleabag“

Ein absolutes Paradebeispiel für das serielle Durchbrechen der vierten Wand ist „Fleabag“. Die Serie von und mit Phoebe Waller-Bridge durchbricht das Geschehen regelmäßig, indem der Charakter gen Kamera blickt und mittels Worten oder Mimik zu verstehen gibt, was sie gerade im Inneren fühlt und denkt.

Etwas Besonderes gelingt der Serie in einem Moment, in dem auch ein anderer Charakter diese Verhaltensweise bemerkt. Das Durchbrechen der vierten Wand durch den „Hot Priest“ könnt ihr ab 3:22 im folgenden Video sehen.

„House of Cards“

Inhaltlich könnte „House of Cards“ gar nicht unähnlicher zu „Fleabag“ sein und doch ist das Aufziehen des Hauptcharakters mit seinen Ansprachen an das Publikum erstaunlich gleich geortet. Das Durchbrechen der vierten Wand gehörte zum Charakter Frank Underwood hinzu. Nach dem Ausscheiden von Kevin Spacey als Darsteller wurde das Stilmittel aber kurzerhand von seiner Serien-Frau übernommen:

„DEXTER“

Dass die Figur des Dexter Morgan dem Publikum nahe steht wird bereits beim im Intro zur Serie zu sehenden Zwinkern gen Kamera ersichtlich. Tatsächlich sieht uns die Hauptfigur als eine Art dunklen Begleiter, dem er seine innersten Gedanken und Gefühle preisgibt. Anders hätte die Serie, in der man mit einem Serienmörder mitfühlen soll, auch gar nicht funktioniert. Neben etlichen Voice-Over-Ansprachen waren aber auch der ein oder andere klassische Blick gen Kamera im Laufe der Staffeln zu sehen:

„Mr. Robot“

Keine Liste von Maik ohne „Mr. Robot“, könnte man meinen… Tatsächlich ist der Ansatz der genialen Serie von Sam Esmail dem von „DEXTER“ gar nicht so unähnlich. Vor allem mittels Voice Over werden wir näher an und in das Innere der sonst eher soziopathischen Hauptfigur gelassen. Dabei fungieren wir als Freund, der ihm an der Seite steht und das Geschehene mitmacht. Das ist inhaltlich verdammt smart gemacht und bietet bis zum Serienfinale einige originelle Momente, in denen gekonnt mit diesem Stilmittel gespielt wird.

Weitere Beispiele?

Natürlich gibt es noch etliche andere Serien, die im Großen oder mit kleinen Beispielen die vierte Wand durchbrechen. „Buffy – Im Bann der Dämonen“, „Boston Legal“, Abed in „Community“ oder auch die Doktoren „House“ und „Who“ haben es in Regelmäßigkeit gemacht. Welche Serien fehlen euch noch in dieser Auflistung und was sind die eurer Meinung nach besten Szenen, in denen Serien-Charaktere die vierte Wand durchbrechen? Lasst es uns gerne in den Kommentaren wissen. Habe ich mit diesem Aufruf etwas gerade die vierte Wand dieses Beitrages durchbrochen…?!

Bilder in Artikelbild-Montage (v.l.n.r.): BBC One & Fox (oben), Showtime, Cartoon Network & USA (unten).