Letzten Monat hatten wir euch den Trailer zur Mini-Serie Between gezeigt. Die kam für mich mehr oder weniger aus dem Nichts, konnte aber trotz fehlender Stars in der Besetzung (Jennette McCurdy habe ich hier bewusst nicht als Star gezählt) mit einer zumindest interessanten Grundstory aufwarten. Jetzt ist die sechs-teilige erste Staffel der Serie auf Netflix gelaufen (sogar im Wochentakt – wohoo!!) und ich sage euch, ob ihr sie schauen solltet. Natürlich ohne wirkliche Spoiler.
Die Handlung
Pretty Lake ist ein kleines Dorf irgendwo im Nirgendwo Kanadas. Plötzlich fangen Leute an zu sterben, mehr und mehr. Die Regierung riegelt die Kleinstadt ab, verpasst ihr den Quarantäne-Status in einem Umkreis von mehreren Kilometern. Es stellt sich heraus, dass nur Leute sterben, die mindestens 22 Jahre alt sind. Zurück bleiben alle Jüngeren – und jede Menge Entscheidungs-Ängste.
Das Positive
Im Setting liegt verdammt viel Potenzial. Es wird mit Vorurteilen zwischen unterschiedlichen Gesellschaftsschichten gespielt und vor allem mit der plötzlichen Entscheidungs-Macht und Organisations-Not eines Kinder-Staates. Jung-Erwachsene müssen Verantwortung übernehmen, was nicht immer so leicht ist, wie es bei den Erwachsenen ausschaut, Kinder fahren plötzlich Auto und wer darf nun eigentlich Bier trinken und wer nicht? Gerade in den neu-gesellschaftlichen Entwicklungen liegt Brisanz, aber eben auch Potenzial zur Charakterentwicklung und sogar Komik.
Gefallen hat mir auch die moderne Aufmachung im Piloten. Die Visualisierungen von Kurznachrichten über das Handy oder auch der kurze visuelle Vorspann sind modern und schick gemacht. Leider kommt das aber viel zu kurz. Ebenso, wie das eigentlich Mysteriöse um das Massensterben an sich. Alles wirkt allein gelassen, wie ein kleines Drama auf dem kleinstädtischen Freilichttheater.
Die Probleme
Das Potenzial wird nicht oder nur wenig ausgeschöpft. Viele Darsteller sind leider nur flache Stereotypen, was sich auch im häufig recht bemitleidenswerten „Spiel“ der Darsteller auswirkt. Dabei hat mir das zwar recht platte aber ungemein coole Spiel von Kyle Mac als Ronnie zwar noch ganz gut gefallen, der Rest wirkt aber noch Abziehbildchen-hafter und mit Smart-Ass Adam hat man eine wunderbare 1:16-Modellbau-Variante von Charlie in Numb3ers geschaffen. Alles wirkt zudem als hätte es auch ein Kind inszeniert: überdramatisiert, unrealistisch und zu schnell. Figuren springen in gefühlten Sekunden von A nach B (schlimmstes Beispiel ist Hauptfigur Wiley, die in der finalen Episode auf einmal in einer Gefängnis-Szene auftaucht, obwohl eigentlich unmöglich), Zufälle passieren total zufällig total gehäuft wie es gerade total zufällig total gut für die Story und die beteiligten Charaktere passt und viele eigentlich logischen Handlungen werden einmalige kurz abgefrühstückt und dann außer Acht gelassen.
Aus der Sicherheits-Quarantäne wird schnell ein Gefangenschafts-Gefühl. Kinder würden da als erstes fliehen – das geschieht nur durch einen Charakter (bzw. zwei), wird danach höflichst ignoriert von den Figuren, weil es ja das Drama überflüssig machen würde. Die visuellen Effekte sind (bis auf die oben angesprochenen) miserabel. Explosionen sehen billig eingefügt aus, Schusswechsel sind auf 80er-Jahre-Niveau (fast keine Einschusslöcher, unrealistische Schussbahnen/Stellungen, etc.) und ansonsten gibt es einfach keine. Und am Ende stellt sich noch ganz plump die Frage, wie sich die Serie überhaupt handlungstechnisch weiter halten soll? Was soll noch kommen? Die Story ist nämlich nicht richtig abgeschlossen, aber irgendwie schon offengelegt.
Fazit
Es ist verdammt schade, dass das vielversprechende Setting nicht durchdacht und fachmännisch genug umgesetzt worden ist. Es wurde an viele schöne und auch detailverliebte Aspekte gedacht, am Ende bleibt aber ein roher Versuch. Es hätte eine sehr runde und kompakte Mini-Serie aus sagen wir mal acht Folgen werden können. Abgeschlossen, enthüllt, fertig. So droht aus dem eigentlich ganz nett anzuschauenden 6-Teiler etwas Größeres zu werden, was (nach aktuellem Plot-Stand) wenig Sinn macht.
Das soll jetzt kein Verriss sein, ich habe die Serie gerne geschaut. Es steckt vieles drin, was Spaß macht und das gesellschaftliche Test-Setting mit den daraus resultierenden Jung-Schauspielern ist neuartig und interessant. Aber am Ende ärgert man sich über verspielte Möglichkeiten und ausgelassene Chancen. Das hätte noch deutlich besser werden können. Wer aber mal fünf Stunden Zeit hat, kann gerne zugreifen und sich mit mir ärgern. Und wer weiß, vielleicht werden die Macher aber auch erwachsen und verblüffen uns mit einer zweiten Staffel.
Hi Ho,
Was mich am meisten an der Serie stört ist die Aufschrift „Netflix Original“, nur weil es auf Netflix als erstes läuft. Unter Netflix Original verstehe man gemein hin ein Premiumprodukt, welches man nach ner Minute auch erkennt (siehe House of Cards, OITNB, Daredevil, Sense8 und sogar Marco Polo^^). Solche Serien, die größtenteils wie in diesem Beispiel von einem kanadischen Sender produziert wurden sollten lieber „Netflix Exklusiv“ heißen, sonst schadet es der Marke. Man liest es vllt zwischen den Zeilen, aber mir gefiel die Serie überhaupt nicht. :-D
Naja, noch ein Satz zum Ende der Review:
Zitat: „Und wer weiß, vielleicht werden die Macher aber auch erwachsen und verblüffen uns mit einer zweiten Staffel.“
Bezweifel ich, da nach der Serienlogik alle Erwachsenen sterben. ;-P
Gruß
Das stimmt, eigentlich ist es kein Original, wird bei den meisten Aufzählungen auch nicht aufgeführt. Hätte für mich auch eher qualitativ in die Helix Syfy-Ecke gepasst (entsprechend auch des künstlich klein gehaltenen Spielortes und Casts).
Aber hey: mit 21 ist man in den Staaten „erwachsen“ mit 18 bereits bei uns. Dann haben die zumindest ein Jahr Zeit, es besser zu machen! ;)
Hi, hab die Serie gerade angefangen.
Wow, in Zeiten von Covid sehr strange mitanzusehen, wie die erst alle ohne, und dann plötzlich mit FFP2-Maske rumlaufen – wie unrealistisch 😃
Oh jau, ich habe noch gar nicht daran gedacht, dass die Serie heute ja eine etwas andere Wirkung haben dürfte… ;)
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