Die Story und Charaktere
Ein gefeierter Selbsthilfeguru, dessen halbes Leben auf Lügen beruht – so kann man Chip recht gut in einem Satz beschreiben. Folge um Folge entfaltet sich sein Lügenkonstrukt und als Zuschauer möchte man ihn am liebsten schütteln und ihm ins Gesicht schreien: Reiß‘ dich zusammen und bring‘ dein Leben in Ordnung! Aber dann wäre Chip nicht Chip und Flaked nicht Flaked. Im Laufe der Staffel gibt es größere und kleinere Twists, doch die finale Enthüllung um Chip’s Lüge über den Unfall ist wirklich krass. Wir erfahren leider nicht seine genauen Beweggründe und können diesbezüglich nur spekulieren. Hier ist definitiv Potenzial für eine weitere Staffel vorhanden.
„I came to Venice by accident. Let me rephrase that: I came to Venice because of an accident.“ (Chip)
Liebenswert, aber nervig – das fasst die beiden Freunde Chip und Dennis sehr gut zusammen. Vor allem in der ersten Staffelhälfte musste ich des Öfteren mit den Augen rollen. Die Rivalität der beiden Freunde um London ist zum Teil nicht ganz nachvollziehbar. Ich möchte nicht die Feminismus-Keule schwingen, doch der Altersunterschied zwischen Chip/Dennis und London ist ziemlich groß und hinterlässt zu Beginn einen etwas faden Beigeschmack. Aber sobald man die Anziehungskraft von London nicht hinterfragt sondern akzeptiert, macht das Anschauen sehr viel mehr Spaß. Ein weiterer Erklärungsansatz für Chips Verhalten bzgl. London ist, dass er immer genau das haben möchte, was er nicht haben kann oder sollte. Allerdings sollte die Chemie zwischen Chip und London nicht unerwähnt bleiben. Will Arnett gibt vor allem in der sechsten Episode einfach alles. Dies ist in meinen Augen definitiv eine Highlightfolge. Außerdem hätten meiner Meinung nach Flaked 10 statt 8 Episoden gut getan, da zum Ende der Staffel einige Storylines etwas eng wirkten. Zum Beispiel wäre es glaubhafter gewesen, wenn London und Chip erstmal ein, zwei Folgen auf Abstand gegangen wären und erst dann wieder zu sich gefunden hätten.
Im Mittelpunkt steht aber eindeutig die Freundschaft zwischen Chip und Dennis. Ersterer strapaziert diese aber immer wieder auf ziemlich heftige Weise – und damit meine ich nicht die Storyline um London. Die finale Konfrontation zwischen den beiden Freunden ist bitter und Dennis stellt zurecht sarkastisch fest: „You won. You got everything you ever wanted.“ Chip konnte demnach nicht über seinen Schatten springen und Dennis nicht die wahren Gegebenheiten über den Unfall erzählen (die auch uns Zuschauer überaus interessieren!).
Will Arnett
Obwohl ich Arrested Development nicht gesehen habe (ja, Schande über mich, das ist dann eines meiner nächsten Projekte!), mag ich Will Arnett sehr. Und bei Flaked hat er definitiv nicht enttäuscht. Er schafft es, dass man Chip einfach nicht hassen kann, auch wenn er ein total kaputter Charakter ist. Wie bereits angeteasert, trumpft er vor allem in Folge 1×06 groß auf. Die Enthüllung rund um London trifft Chip sehr hart. Die dazugehörige Szene zwischen den Beiden ist großartig! Arnett zeigt, was für ein guter Schauspieler er ist. Man merkt an seinem Schauspiel, dass ihm das Projekt Flaked sehr wichtig ist. Weiterhin ist er neben der Hauptrolle auch Executive Producer und Creator.
Die Atmosphäre
Bereits auf der ersten Seite habe ich die Atmosphäre von Flaked gelobt und komme auch jetzt nicht herum es nochmals zu erwähnen: Flaked und Venice ist ein wahrer Hipstertraum. Kleine Kaffeeläden, Geschäfte und Restaurants laden dazu ein Venice im echten Leben einen Besuch abzustatten. Die Palmen, die Häuser, die Inneneinrichtung und die Farbgebung versprühen einen „dreamy vibe“. Dazu gehört auch die Musik, die wirklich wie die Faust aufs Auge passt. Wer Interesse hat, findet bei Spotify eine entsprechende Playlist.
Dramedy
Zwar gibt es sehr viele witzige Szenen, Schenkelklopfer und amüsante Figuren (unangefochten Cooler, dargestellt von George Basil), doch der Drama-Anteil ist nicht zu verachten. Ich würde Flaked deshalb etwas mehr in der Drama-Ecke ansiedeln. Denn die Untertöne sind ernst und auch Chip’s Probleme sind keine Kleinigkeiten am Rande (z.B. seine nach wie vor vorhandene Alkoholsucht). Die weiter voranschreitende Gentrifizierung von Venice ist auch ein interessanter Punkt, der in vielen Städten von statten geht.
Fazit
Flaked ist nicht ohne Fehler, doch die liebevollen, manchmal bescheuerten, Charaktere machen das wieder gut. Man kann gar nicht anders als Chip doch zu mögen. Das Ende macht außerdem Lust auf eine zweite Staffel.
Bilder: Netflix
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