Beim Stöbern auf Netflix bin ich neulich über „Video Game High School“ gestolpert. Ich dachte mir, dass das eher eine plumpe Veranstaltung wird, aber eine kurze Essens-Pause wird der Pilot schon füllen können… Fünf Tage später hatte ich die Serie mit ihren drei Staffeln durch. Das liegt zum einen daran, dass sie eine sehr kompakte und unterhaltsame Geschichte erzählt, die man weiter schauen möchte, vor allem aber an den nur 21 Episoden insgesamt.
Ich möchte euch „VGHS“ aber auch ans Herz legen, weil sie etwas ganz Besonderes ist. Eine Webserie. Auf TV-Niveau. Und von niemand Geringerem als YouTuber freddiew (und Konsorten), der einfach mal beweist, dass man eine hochklassige Serie als „Amateur“ auf Netflix bringen kann. Respekt!
Noch mehr Respekt gibt es dafür, dass die komplette Serie auch jetzt noch auf YouTube steckt. Bedeutet: Ihr erhaltet auf dieser Seite eine kurze Einführung samt Einschätzung von mir, auf den weiteren Unterseiten gibt es dann die komplette Serie zum Streamen. Ist das was?!?!
Die Story: Das Leben ist ein Spiel
Die Grundstory ist eigentlich schnell erzählt: Brian D zockt gerne Ego-Shooter und schafft es durch kuriose Umstände auf die VGHS. Als Neuling und Underdog muss er sich beweisen, findet neue Freunde und… spielt. Und da beginnt das Besondere: Die Spiel-Sessions sehen wir meist in „realer Inszenierung“. Bedeutet, dass er beim Shooter-Spielen eben in voller Montur im Kriegsgebiet zu sehen ist. Blut wird als gläserne Pixel gezeigt, ist man tot, wird man wieder belebt (je nach Spielmodus). Genau so werden auch Autorennen oder Faustkämpfe gezeigt. Durch dieses Stilmittel wird eine sehr direkte Kommunikation unter den Spielern ermöglicht und als Zuschauer kann man regelrecht in die Spielwelten eintauchen.
Dabei ist natürlich vor allem der Umgang mit der Videospielkultur hervor zu heben. Die einzelnen Grüppchen der High School heißen nicht „Cheerleader“ und „Goths“ und „Footballspieler“ sondern „FPS“ (First Person Shooter), „Drifters“ (Autorennfahrdrift-Spezialisten) oder „Fighters“ (Button-Smasher wie Tekken, etc.). Viele Figuren sind sehr comichaft überzeichnet, was dem schnellen Humor sehr gut tut. Kleinigkeiten wie die von Popkulturmessen bekannte „Hover-Hand“ sind das geliebte Salz in der Suppe. Eine tolle Inszenierung voller Referenzen und Hommages.
Aber auch die Charaktere sind liebenswert. Brian D als „süßer Außenseiter ohne Selbstbewusstsein“, Ki Swan als überkorrekte aber auch starke Spiele-Entwicklerin mit Ambitionen, Jenny Matrix als über-toughe Shooterteam-Kapitänin und Ted Wong als… Sohn von Freddie Wong. Und herrlich naiv-optimistischer Drifter. Die vier bilden die Grundbasis vieler freundschaftlicher Beziehungen, Reibereien und sportlicher Wettkämpfe. Aber auch bei den vielen Nebenfiguren wurde jede Menge Liebe ins Detail gesteckt.
Die Besonderheiten einer Web-Serie
Erfreulich ist tatsächlich auch der Cast. Bei Webserien von YouTubern denkt man ja zunächst eher an zwar nicht laienhaftes aber eben auch nicht hollywoodreifes Schauspiel. Die Darsteller haben aber durchaus starke Momente und können größtenteils überzeugen, vor allem die Hauptdarsteller. Und mit Zachary Levi ist sogar ein bekanntes Serien-Gesicht („Chuck“) für ein paar Momente dabei.
Negativ fällt in Staffel Eins leider hier und da die Tonmischung auf. Einzelne Personen sind teils zu leise, Windgeräusche sind zu hören, das passt noch nicht ganz. Positiv formuliert steigert sich die Serie aber von Staffel zu Staffel in Sachen Professionalität. Das soll nicht bedeuten, dass Season 1 amateurhaft sei – das stellt bereits viele deutsche TV-Sendungen in die Tasche. Aber es wird eben vor allem auf visueller Ebene (Bildschnitt, Effekte, Kostümierung, etc.) deutlich stärker.
Eine andere Entwicklung nimmt die Lauflänge der Folgen. Die wird von Staffel zu Staffel länger, variiert aber auch komplett zwischen den Folgen. Auf Netflix sind einige der ersten Folgen, die rund 10 Minuten Laufzeit hatten, zusammen gefasst worden. Man denkt, man hätte eine „normale“ Sitcom-Länge von ~21 Minuten. Doch plötzlich dauern Folgen 40 Minuten, das Finale gar über eine Stunde. Das nur als „Warnung“ vorab, solltet ihr eure Abendplanung gestalten (hier gibt es alle Folgenlängen).
Positives Beispiel
VGHS macht einfach enorm Spaß! Die kurzweilige Serie liefert moderne und dynamische Unterhaltung mit tollen Charakteren. Auch wenn hier und da natürlich eine Menge Klischee mitschwimmt, wird es nie zu viel und die eigentliche Eigen-Story bleibt durchgehend erhalten. Am Ende wird es gar emotional und dramatisch, was man in Staffel 1 so nicht hätte absehen können. Dazu spielt die Serie mit erzählerischen Mitteln, experimentiert, wo es nur geht und bleibt stets frisch.
Natürlich muss man die Bewertung ein wenig einengen. Die habe ich nämlich als Gamer gegeben. Ich bin da nicht Hardcore drin, habe aber einige eigene Erfahrungen und kenne viele der Begriffe und Anspielungen. Ist man überhaupt nicht mit Videospielen vertraut bzw. mag sie nicht, ist die Serie vermutlich weniger was für einen. Aber hey – das habt ihr euch beim Titel vermutlich bereits denken können…
Schaut die komplette Serie!
Wie anfangs versprochen gibt es auf den nächsten Seiten alle Folgen zum Anschauen im Stream. Ich habe das mal nicht als Playlist eingebunden (die gibt es hier), damit ihr euch besser zurecht findet. Seite 2 ist Staffel 1, Seite 3 ist Staffel 2 und Seite 4 ist Staffel 3 – eigentlich ganz einfach.
Viel Spaß!
Kommentiere
Trackbacks