Der Titel der Serie verrät schon recht viel über die zweite israelische Serie, die im Rahmen des Mottos „Fokus Israel“ beim Seriencamp vorgestellt wurde: „Betulot“ oder „Betoolot“ oder „Sirens“. Es geht also um Meerjungfrauen. Mystery trifft Crimethriller. In Israel. Really? So oder so ähnlich dürften die Zuschauer auch reagiert haben, denn das Mysteryformat kommt im israelischen Fernsehen so gut wie nicht vor. Das war auch das grds. Problem für den Autor der Serie, Shachar Magen, seine Serienidee zu verkaufen.
Es gab nämlich am Ende des Panels ein Q&A mit dem israelischen Autor. In diesem Q&A konnte Shachar ein wenig über die Produktionsumstände in Israel erzählen und die Widerstände, die er überwinden musste, damit sein Kindheitstraum in Erfüllung geht. Inspiriert von Hans Christian Andersens „Die kleine Meerjungfrau“ hatte Shachar schon länger eine Idee, wie man dieses Thema in die heutige Zeit bringen könnte. Ihm war klar, dass er die grds. mystische Geschichte in ein beliebtes Format kleiden musste, damit es im israelischen Fernsehen Erfolg haben würde. Und so wählte er den Rahmen eines Crimethrillers für seine Serie über Meerjungfrauen. Derzeit gäbe es auch bereits Verhandlungen mit deutschen Verleihern. Unterschrieben sind dagegen bereits die Verträge mit HBO, die das Script gekauft haben.
Shachar selbst wird am Projekt auch beteiligt sein, denn die Amerikaner interessiert vor allem der mystische Ansatz. So wie es sich anhört, könnte Shachar sogar seine ursprüngliche Version bei HBO produzieren, was ich ihm echt gönnen würde. Er hat seine Serie nämlich in den vielleicht zehn Minuten sehr gut verkauft und schmackhaft gemacht. Ein sehr sympathischer Zeitgenosse.
Handlung
Irgendwo in einem ehemaligen und verlassenen Flüchtlingscamp im israelisch-ägyptischen Grenzland wird eine Frauenleiche von zwei Jugendlichen gefunden. Eine sehr beleibte Leiche. Und eine Leiche mit einem mysteriösen Befund: ihre DNA passt zu einer vermissten Person. Diese Tatsache holt uns Shelly in die Geschichte. Shelly ist ansonsten eine junge aber taffe Grenzpolizistin, deren Hauptarbeitsschwerpunkt ansonsten illegale afrikanische Migranten sind. Denn bei der toten Frau handelt es sich um ihre vor 17 Jahren ertrunkene Zwillingsschwester, deren Leiche nie gefunden wurde und eine Familientragödie auslöste. Shellys Vater hat den Tod seiner Tochter auch nie wahrhaben wollen und sich nie damit arrangieren können. Somit zögert Shelly auch anfangs ihren Vater zu benachrichtigen, nachdem sie auch erst die Wahrheit nicht akzeptieren wollte. Aber der DNA Nachweis war eindeutig.
Die Obduktion selbst fördert weitere, noch rätselhaftere Erkenntnisse zu Tage wie beispielsweise eine überdimensionierte Lunge und die Tatsache, dass die Frau nicht an ihren äußeren Verletzungen erlegen ist sondern an Dehydratation.
Ein weiterer mysteriöser Plot der am Ende bestimmt auch die Story rund machen wird, ist die Tatsache, dass bereits in der Pilotfolge Bootsflüchtlinge aus unerklärlichen Gründen ihr Heil in den Fluten des Meeres suchen.
Zudem werden familiäre Verwicklungen zu der Welt angedeutet, in denen die Zwillingsschwester wohl die letzten 17 Jahre verbracht hat. Sie trägt nämlich dasselbe Tattoo wie der Bruder des Vaters, der am meisten in Panik gerät bei der Identifikation der Leiche. Der Vater bleibt vergleichsweise ruhig aber sein Bruder hat schwer zu kämpfen und kippt dann auch um. Dehydration? In einer sehr kurzen Sequenz wird gezeigt, dass zwei Menschen um die Zwillingsschwestern trauern, die am Wasser leben und offenbar von der Existenz der angedeuteten Welt Kenntnis haben.
Ach wisst ihr was, auch diese Folge könnt ihr euch bei youtube anschauen. Hier auch wieder ohne englische Untertitel, hier allerdings, würden sie Sinn machen, da man ansonsten wohl weniger versteht da es sehr auf die Dialoge zwischen den Figuren ankommt.
Fazit
Auf dem Seriencamp wurde die Serie wie folgt eingeführt:
„Irgendwo zwischen den verführerischen Sagengestalten der „Odyssee“, dem politisch aufgeladenen Thrillerstoff von „Hatufim“, der „Akte X“ und skandinavischen Mysterienspielen ist dieses neue israelische Serienkleinod angesiedelt, das das Zeug dazu hat, das schwere Erbe des international so erfolgreichen „Homeland“-Vorbilds anzutreten. Mit berückend schönen Bildern, faszinierendem Hintergrund und international zugkräftiger Mystery-Atmosphäre, die bereits nach den ersten Auftaktepisoden süchtig macht.“ (Teaser Seriencamp)
Ich kann dem kaum widersprechen oder Anmerkungen ergänzen. Ich war ziemlich schnell in der Story und voll dabei. Die Inszenierung ist stark, die Hauptdarstellerin, die Shelly verkörpert, hat eine interessante Aura. Auch die Nebenrollen fand ich sehr interessant, was natürlich auch daran liegt, dass man die Schauspieler eben noch nie gesehen hat und somit völlig unvorbelastet in die Serie ging.
Und über allen schwebt diese schöne Andeutung, dass die Zwillingsschwester die 17 Jahre größtenteils unter Wasser verbracht hat und wir es hier mit Meerjungfrauen zu tun haben werden. Es dürfte neben dem Mysterium dieser Welt natürlich um die große Fragen gehen, warum sie sterben musste. Gibt es weitere Eingeweihte neben den beiden Trauernden am Strand? Was hat der Bruder des Vaters damit zu tun? Ist er gar selber ein … äh Meerjungmann?
Die Folge von „Betulot“ hat mich sogar noch deutlich mehr gehyped als „Fauda“, was für „Betulot“ spricht und nicht gegen „Fauda“. Der Rahmen ist oldschool aber die grds. Handlung ist bezaubernd, mysteriös, geheimnisvoll (ok, hatten wir schon) und spannend. Hier wäre ich sehr, sehr froh, wenn diese Serie zeitnah einen deutschen Verleiher finden könnte. Und ich bin echt kein Freund von Mysteryserien aber „Betulot“ hat mich irgendwie gefangen. Und ich könnte mir vorstellen, wenn ihr die Serie mal in die Finger bekommt, dass es euch ähnlich gehen könnte.
Fotos: Hot TV
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