Auf den ersten Blick scheint „Euphoria“ wie ein klassisches Teenie-High-School Drama in einem typischen amerikanischen Mittelschichts-Vorort. Auf den zweiten und dritten Blick wird es aber düster in Suburbia und den Zuschauer erwartet alles andere als leichte Feel-Good-Unterhaltung. Dafür aber – sowohl bezogen auf die Story als auch visuell – ein eindringliches Erlebnis.
Bekannt aus Serien wie Skins widmet sich jede Folge einer oder einem Protagonisten*in – inklusive Montage der Vorgeschichte. Unser roter Faden, unsere allwissende Erzählerin und Anti-Heldin ist dabei Rue – verkörpert durch die für diese Rolle Emmy-gekrönte Zendaya.
Rue kommt nach einer Überdosis im Sommer gerade frisch aus dem Rehab und kann es kaum abwarten, sich bei ihrem Dealer wieder neu einzudecken. Sie ist depressiv, innerlich zerrissen und hoch-sensibel. Auf ihrem selbstzerstörerischen Pfad trifft sie auf Jules – the new kid in town. Jules ist transgender – allerdings wird das in der Serie auf erfrischende Weise wenig bis gar nicht thematisiert. Sie ist einfach ein Teenie mit Träumen und Ängsten.
Zwischen den beiden Frauen entwickelt sich eine Art halb-romantische Freundschaft. Die Partner-in-Crime Verbindung zwischen ihnen ist Folge für Folge spürbarer und erinnert uns, selbst wenn die eigenen Teenie-Jahre schon etwas zurückliegen, an die besondere Art von unbeschreiblicher Chemie und Vertrautheit, die Freundschaften in diesem Alter ausmachen. „Euphoria“ fängt diese stille, intensive Verbundenheit auf zarte Art und Weise ein.
Doch auch der Rest des Gen Z Ensembles hat ganz eigene Dämonen zu überwinden. Dabei werden manchmal fast abgeklärt und ungezähmt Themen abgehandelt wie Vergewaltigung, Cyber-Mobbing, Gewaltausbrüche, Internetpornografie, toxische Beziehungen oder Abtreibung. Zugegeben: es kann schmerzhaft und beklemmend werden. Dabei stehen diese inhaltlich teils verstörenden Subplots in deutlichem Kontrast zur visuellen, verträumten Leichtigkeit der Serie. Kinematographisch verwöhnt sie uns mit hyperrealen Szenen und schwindelerregenden Kameratricks, die an Musikvideos erinnern – nicht zuletzt wegen der aufwändigen glossy Glitzer-Make-Up-Looks der Darsteller, welchen die Serie ihre ganz eigene Ästhetik zu verdanken hat.
„Euphoria“ ist nichts für schwache Mägen. Wer die aufwühlenden Themen gut verdauen kann, wird aber mit einer melancholischen Geschichte belohnt – erzählt in schön ungeschönten Bildern. Fans erwartet voraussichtlich im Frühjahr 2021 die zweite Staffel der Serie. Am 6. Dezember gab es jedoch bereits eine Special-Episode auf dem US-Sender HBO zu sehen, die bei uns in Deutschland seit dem 11. Dezember in der Originalfassung auf Sky Ticket und über Sky Q abrufbar ist. Eine zweite Sonderepisode folgt voraussichtlich am 25. Januar 2021, um die Wartezeit bis zur nächsten ganzen Staffel zu verbittersüßen.
Bilder: HBO
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