„Ja, der Jaksch“… ein Ausspruch, der so oder so ähnlich häufiger fällt im Laufe der Serie „FETT UND FETT“, die aktuell in der der ZDFmediathek verfügbar ist. Die Freunde und Bekannten der Hauptfigur „Jaksch“ sagen es, wenn sie sich wieder fasziniert über ihn wundern. Und es kommt einem als Zuschauer auch immer wieder in den Sinn, wenn man Jaksch durchs Leben begleitet, vor allem während der fünf ersten Folgen, die in den letzten Jahren als Webserie entstanden sind, aber auch noch in den sechs Folgen, die unter ZDF-Beteiligung zuletzt produziert worden sind. Webserie, ZDF, Jaksch…. wie, was?
Ja, „FETT UND FETT“ war ursprünglich ein studentisches Projekt von zwei Studierenden der Hochschule für Fernsehen und Film (beim Seriencamp 2016 an der HFF wurde „FETT UND FETT“ als beste Webserie ausgezeichnet), erdacht während einer Fahrt mit der transsibirischen Eisenbahn bei Bier, Brot und Wurst, wie es die Süddeutsche notiert. Chiara Grabmayr und Jakob Schreier sind für „FETT UND FETT“ verantwortlich, sie als Autorin und Regisseurin, er als Autor und Hauptdarsteller. 2017 ist die erste Folge entstanden, 9 Minuten bloß, in Schreiers Wohnung, dann auf einer Party, wo seine die Serie prägende Zusammenfassung des Lebens erstmals formuliert wird: Dass es im Leben nur vier Dinge gibt, die einem Spaß machen, Essen, Trinken, Sex und Geld; Sex und Geld seien schwierig, also werde man fett und besoffen. Und da besoffen in Österreich fett heißt, ist aus der Serie auch „FETT UND FETT“ geworden, so einfach ist das.
Und so einfach ist auch das Leben von Jaksch – meint man. Aber dabei steckt in Jaksch und seinen Geschichten so viel mehr. Er ist so ein Typ, den man einfach als besten Freund haben möchte. Der immer etwas Aufbauendes zu sagen hat, der alles irgendwie locker, aber verantwortungsvoll sieht, der Pläne fasst, die nicht aufgehen müssen, der sich treiben lässt, aber auch Ziele vor Augen hat; der sich seinen jugendlichen Witz erhalten hat, der selten zweifelt und sich erstmal auf alles einlässt. Ein Bier? Geht noch. Eine Pille? Probier‘ ich mal. Gras? Kann ich besorgen. Mit der ersten Folge hat Jaksch direkt die Herzen von uns Zuschauern gewonnen. Die Serie hat ihre großen Momente, wenn es genau nicht so läuft, wie man es erwartet und wie es 95 Prozent aller Serien tun würden: Wenn er mit Hannah die Party verlässt zum Beispiel und eigentlich klar ist, worauf es hinauslaufen wird – er dann aber erstmal abbiegt und sich noch ein Pizzastück gönnt… „Ja, der Jaksch…“. Am Ende der ersten Folge dann das kurze Telefonat mit seiner Mutter, direkt nachdem er sich übergeben hat… „Ja, alles gut, bin nur ein bisschen im Stress gerade…“ – aufgelegt, weiter übergeben.
Highlight für mich ist die zweite Folge, wenn Jaksch beim Baden in der Isar abgetrieben wird und dann versucht, auf einem irrwitzigen Weg zurück zum Treffpunkt zu gelangen. Großartig die Dialoge, die Aktionen, großartig aber auch Jaksch – komplett natürlich, irgendwie verwundert über sich selbst und seine Situation(en), aber immer auch positiv und lachend – das steckt an.
So begleitet man Jaksch dann durch sein alltägliches Leben und leidet an vielen Stellen mit ihm; wobei, das ist eigentlich falsch, denn er leidet im Prinzip gar nicht so wirklich. Und was ich der Serie hoch anrechne, ist dass sie in all diesen Situationen tatsächlich nie falsch abbiegt: Bei der Dreierrunde in der WG, beim Besuch der alten Freundin, beim Organisieren von ein bisschen Gras – da kann jede Situation irgendwie ins Erwartbare, ins Banale laufen – „FETT UND FETT“ macht das aber nicht, zumindest nicht in den Originalfolgen. Und apropos Gras: Auch die letzte Folge ist einfach nochmal großartig gelungen und macht richtig Spaß. Auch hier ist wieder jede Menge Überraschendes drin; Momente, in denen man denkt „Was ist denn jetzt wieder los?“, oder „Jaksch, mach das nicht“, aber irgendwie dreht sich immer alles zum Guten – einfach großartig.
Dann hat das ZDF irgendwann „FETT UND FETT“ für sich entdeckt und mit etwas Förderung eine zweite Staffel produziert. Der Charme bleibt grundsätzlich erhalten, einfach weil Chiara Grabmayr und Jakob Schreier federführend dabeibleiben, aber insgesamt verliert die Serie ein bisschen an Dynamik. In den ersten Folgen war es so, dass die beiden einfach Schluss gemacht haben, wenn die Geschichte erzählt war – nach 10 Minuten, nach 15 Minuten, oder wann auch immer. Die neue Staffel ist auf genau 22 Minuten pro Folge gestrickt, und das führt für meinen Geschmack zu einigen Längen, die im Prinzip vermeidbar gewesen wären. Zudem wird hier eine durchgehende Geschichte erzählt, derweil die Folgen davor dann doch eher lose aneinandergereiht waren. Es war immer irgendwas, das sich gerade zu erzählen lohnte. Dennoch sollte man sich hier alle Folgen vornehmen. Am Ende wird’s dann zwar recht skurril, im Prinzip schon fast zu abgedreht, aber immerhin garniert mit ein paar wichtigen Sätzen: Jaksch wird mitten in der Wildnis gefragt, „Was willst Du denn in der kaputten Welt?“, worauf Jaksch ganz vorsichtig antwortet: „Ja… ich wollt‘ noch ein bisschen schauen.“ Und dann ganz am Ende der Serie, wenn er wieder am Tresen sitzt, mit einem seiner Freunde, und der ihn fragt: „Alles gut bei Dir?“ und Jaksch zum ersten Mal nicht positiv, locker, optimistisch wirkt: „Ich glaub‘, irgendwie nicht.“
Insgesamt sind’s tolle vier Stunden, die einfach großartig unterhalten und zum Nachdenken anregen. Und die dafür sorgen, dass man danach irgendwie einen neuen Freund hat – „ja, den Jaksch.“
—
Achso, wer von Jaksch nicht genug bekommen kann, sollte hier vielleicht noch reinschauen… ;-)
Kommentiere
Trackbacks