Michael Kessler hat mal wieder ein neues Format: Dieses Mal heißt es „Sitzheizung gibt es nicht“, und darin fährt er mit pro Folge wechselnden Gästen und Autos durch die Stadt – in der Regel Berlin; er spricht mit ihnen (positiv gemeint) dusseliges Zeug und landet schließlich in einem Café oder Restaurant zum Abschlussessen. Die Idee ist natürlich nicht neu, Kessler quatschend im Auto kennen wir zum Beispiel aus der rbb-Reihe „Berliner Nacht-Taxe“. Und Jerry Seinfeld fährt seit Jahren nach diesem Prinzip erfolgreich durch die Gegend, in „Comedians In Cars Getting Coffee“. Hier bekommt er natürlich echte Weltstars ins Auto, bis hin zu Obama. Das würde ich Deutschland vermutlich nicht (lange) funktionieren, weil einem schnell die großen Stars ausgehen. Aber dafür gibt es ja genug prominente Freunde von Michael Kessler, die man auf einen Kurztrip einladen kann.
Zum Auftakt hat es sich Michael Kessler leicht gemacht – und sich mit Bastian Pastewka, Annette Frier und Bernhard Hoëcker alte Freunde ins Auto geholt. Das garantiert natürlich einen nahezu optimalen Start, schließlich ist er mit den Dreien perfekt eingespielt. Fragen und Antworten kommen wie aus dem Effeff, alle geben sich gegenseitig perfekte Vorlagen, die der jeweils andere zu 100 Prozent verwandelt. Das macht natürlich schon Spaß, trotzdem will aber keine große Begeisterung aufkommen. Vielleicht ist alles schon zu eingespielt, zu oberflächlich, vielleicht liegt es aber auch nur an der dauerdudelnden Hintergrundmusik, die nach wenigen Minuten einfach nur nervt.
Natürlich gibt es diverse witzige Momente. Wenn Pastewka über das Quiz-Taxi spricht und damit indirekt auf Kesslers frühere Reihe „Berliner Nacht-Taxe“ anspielt zum Beispiel. Oder wenn er gleich zur Begrüßung sagt: „Ich freu mich, dass ich hier dabeisein muss.“ Auch Annette Frier prägt absichtlich den Eindruck, nicht ganz freiwillig eingestiegen zu sein: „Ich krieg‘ ja Geld.“
Überraschend war in der Premierenfolge, dass Bastian Pastewka so wenig Zeit eingeräumt wurde. Er musste sich die Folge sogar mit Annette Frier teilen – eigentlich ein bisschen verschenkt, da es gerade beim gemeinsamen Essen tiefsinniger zu werden „drohte“ – was auch gleich abgewürgt wird mit „Lass doch die 3sat-Fragen.“ Aber vielleicht braucht es – anders als seinerzeit bei „Berliner Nacht-Taxe“ – diese gewisse Leichtigkeit in der Unterhaltung auch, damit das Format so funktioniert, wie Kessler es sich vorstellt. Schließlich hat er mit „Kessler ist…“ noch ein weiteres Personality-Format im Köcher, wo es tatsächlich deutlich tiefgründiger zur Sache geht. Hier übrigens oft mit Gästen, die man so nicht erwartet hätte. Ein Bastian Pastewka oder eine Annette Frier wären hier vermutlich fehl am Platze – eben weil Michael Kessler sie schon so gut kennt und sich damit die hintergründigen Fragen und der Charakterwechsel fast schon ausschließen. In gewisser Weise hat er das auch schon in unserem Video-Interview angedeutet. Und wer sich die Gästeliste von „Sitzheizung gibt’s nicht!“ anschaut, wird schnell darauf kommen, dass es mit dieser munteren Unterhaltung weitergehen wird: Talkgäste der weiteren Sendungen sind nämlich Bülent Ceylan, Tim Mälzer, Cordula Stratmann, Jorge González, Hugo Egon Balder, Anneke Kim Sarnau, Guido Cantz und Carolin Kebekus.
Nehmen wir „Kessler ist…“ also als das tiefsinnige Porträtformat und „Sitzheizung gibt’s nicht!“ als das seichte Unterhaltungsformat mit Michael Kessler, dann passt’s (ja, es gibt auch noch Kesslers Expedition…). So kann sich jeder seinen Kessler heraussuchen, den er lieber hat. Zu empfehlen sind natürlich beide Seiten.
Die Premierenfolge gibt’s hier:
Hinweis: „Sitzheizung gibt’s nicht!“ läuft donnerstags ab 22:15 Uhr bei zdfneo und ab 20:15 Uhr in der ZDF-Mediathek.
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