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Wow, ich glaube, Jackson Lamb möchte man nicht zum Chef machen. Er lässt keine Gelegenheit aus, seine Mitarbeiter:innen kleinzureden, zu beleidigen, niederzumachen. Dabei ist er selbst ein komplett abgewrackter Typ, und nicht viel besser dran als seine Kolleg:innen im Slough House -eine Abteilung gescheiterter MI5-Agent:innen, mit Lamb als „Führungskraft“. Dass in diesem Haufen mehr steckt, als man denkt, und dass sich hinter Lambs Fassade deutlich mehr verbirgt, als man am Anfang vermuten würde, entfaltet sich erst langsam in den sechs Folgen von „Slow Horses“ – ein Apple Original, dem der Streamingdienst hierzulande leider noch den Untertitel „Ein Fall für Jackson Lamb“ verpasst hat, warum auch immer.

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Lambs Team ist wirklich nicht zu beneiden: Lamb residiert in der oberen Etage des Slough House, das man nicht nur über einen Hinterhof aufsuchen muss, sondern das man auch nur durch eine rostige, immer klemmende Metall-Brandschutztür betreten kann. Er trägt immer die gleichen schmuddeligen Sachen, hat fettiges Haar, Drei-Tage-Bart, raucht und trinkt fortwährend. Möchte er jemanden sprechen, ruft er entweder über den Flur nach Assistentin Catherine Standish, mit der er irgendeine Vorgeschichte zu haben scheint und die trockene Alkoholikerin ist; was Lamb nicht davon abhält, ihr auch mal einen Drink anzubieten. Oder er stampft auf den Boden, was das Signal für sein Team eine Etage tiefer ist, zu ihm raufzukommen. Da wäre die clevere Sid Baker, die noch eine Art Sonderrolle im Team einnimmt, dann Louisa Guy, Computer-Experte Roddy Ho (er soll im Slough House sein, weil er zu gut für den MI5 ist), Min Harper, Struan Loy und River Cartwright, der eine Trainingseinheit am Flughafen vermasselt hat und strafversetzt wurde. Um ihn dreht sich vieles, weil er nach eigenem Anspruch zu unrecht im Slough House gelandet ist und eine Intrige wittert.

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Das alles stört Lamb gar nicht, im Gegenteil, er nutzt jede Gelegenheit, River einen mitzugeben. Man hat sich noch nicht ganz in diesem Setting eingefunden, da steht auch schon der Fall der 1. Staffel an – ein junger Comedian wird entführt und soll geköpft werden – nationalistische Akteure wollen an ihm ein Exempel statuieren. Dass das alles inszeniert ist, merkt Lamb ziemlich schnell, und macht sich daran, den zum Scheitern verurteilten Fall zu retten. Im Laufe der Ermittlungen gerät er allerdings mit seinem Team selbst in den Fokus, weil Diana Taverner, stellvertretende Generaldirektorin des MI5, die ganze Gruppe loswerden möchte. Da hat sie die Rechnung allerdings ohne Lamb gemacht: „Das sind alles komplette Loser, aber es sind meine Loser!“ sagt er ihr, und man merkt als Zuschauer:in zum ersten Mal, dass hinter allem mehr steckt als gedacht.

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Die restliche Zeit über macht es einfach großen Spaß, der Handlung zu folgen. Die Geschichte der 1. Staffel folgt dem gleichnamigen ersten Roman von Mick Herron und ist auf sechs Folgen ausgelegt. Das ist auch gut so, weil sich so die Staffel in jedem Moment optimal anfühlt – keine Längen, keine überstürzten Aktionen, sondern ein perfektes Erzähltempo. Dabei gelingt dem englischen Comedy-Autor Will Smith eine ausgezeichnete Adaption – und eine solide Mischung aus Spannung, Intrige und Schockmomenten, garniert mit der schroffen Art von Jackson Lamb und dem Bemühen der „Loser“-Truppe, sich selbst, aber auch den Fall zu retten. Dabei erleben wir auch einige überraschende Wendungen, kaum etwas ist wirklich vorhersehbar, vieles geschickt eingefädelt – und dazu noch toll inszeniert von Regisseur James Hawes, der alles eher beobachtend, fast schon klassisch einfängt und zusammenfügt. Der Fokus liegt auf der Story und den Charakteren, und insofern ist Hawes‘ Arbeit ein wichtiges Puzzleteil im Gesamteindruck von „Slow Horses“. Und dann ist da noch der Titelsong, geschrieben und veröffentlicht von Rolling Stone Mick Jagger – „Strange Game“ passt einfach perfekt zu „Slow Horses“ – eine geniale Wahl.

Ohne die Leistung des Casts schmälern zu wollen, muss man schon konstatieren, dass die Staffel definitiv von der Leistung Gary Oldmans lebt, der Lamb perfekt in Szene setzt. Man nimmt ihm diesen herzlosen, raffinierten, durchtriebenen, versoffenen Typen jederzeit ab, und er macht’s so gut, dass man irgendwann selbst eine gewisse Sympathie für Lamb entwickelt. Er will sein Team nicht wirklich beleidigen, sondern es ist vielmehr seine Art, sie aufzurütteln. Er trägt selbst eine schwere Last mit sich, wie am Ende der 1. Staffel aufgelöst wird – auch als Wegbereiter für die zweite Staffel, die Apple ebenfalls noch 2022 ins Programm genommen hat. Zwei weitere Staffeln sind schon bestellt.

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Bilder: Apple

Beitrag von:
Samstag, 24. Dezember 2022, 20:02 Uhr
Drama
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2 Kommentare

  • Doreen

    Mir hat die erste Staffel auch sehr gut gefallen und ich stimme dir zu Gary Oldman hat mich auch sehr überzeugt in der Rolle. Mal schauen wann ich es schaffe die zweite Staffel zu sichten;)

    • JohnLuther

      Hatte erst letzte Woche eher durch Zufall angefangen und muss sagen, dass es wirklich klasse Unterhaltung ist.

      Kurzweilige mit britischem Humor versetzte Agenten-Serie und ein Oldman, der einfach ein grandioser Schauspieler ist.

      Freue mich schon auf die letzte Folge der zweiten Staffel am nächsten Freitag. Wobei ich sagen muss, dass ich die erste Staffel ein wenig besser fand. Aber das ist Kritik auf hohem Niveau.

      Und zudem gut: Staffel 3 und 4 sind gesichert. In der Hinsicht ist Apple absolut top.

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