Schon vor drei Jahren hat HBO „The Righteous Gemstones“ veröffentlicht, ich bin aber tatsächlich erst jetzt darauf gestoßen, als Sky hierzulande Staffel 2 ins Programm genommen hat – und damit auch nochmal die 1. Staffel verfügbar gemacht hat. Als ich dann den Piloten durch hatte, musste der Rest nicht mehr so lange warten: Die Comedy macht einfach großen Spaß, hat viele witzige – und vor allem unerwartete – Einfälle und ist extrem kurzweilig. Ich würd’s so ein bisschen in Richtung „Preacher“ einordnen – weniger, weil es in beiden Serien um Prediger geht, sondern weil in beiden Serien an jeder Ecke tiefschwarzer Humor lauert und keine Rücksicht auf Verluste genommen wird.
In „The Righteous Gemstones“ geht’s um eine Predigerfamilie, die mit den Gottesdiensten ganze Hallen füllen. Dabei sind die Gottesdienste mehr Show als sakrale Veranstaltung – mit Band und großem Chor, mit jeder Menge Hochglanz und Glitzer. An der Spitze der Gemstones-Familie steht Eli, wnderbar gespielt von John Goodman. Der Patriarch der Familie bestimmt, wo’s langgeht, und seine drei Kinder – selbst schon erwachsen – müssen sich fügen. Das sind Judy (gespielt von Edi Patterson) und Kelvin (Adam DeVine) sowie Jesse, gespielt von Danny McBride, der auch die Serie erschaffen und geschrieben hat. Hat auch den Vorteil, dass sich Danny McBride die Figur quasi auf den Leib schreiben konnte, wie man so schön sagt. Er spielt’s wirklich großartig: Die Figur ist extrem vielschichtig – vom untertänigen Sohn über den kleinen Patriarchen in der eigenen Familie bis zum fraglosen Anführer in seinem Freundeskreis ist alles dabei. Dann kommt er richtig großkotzig rüber, auch gegenüber seinen Geschwistern nimmt er kein Blatt vor den Mund. Nur wenn’s um seinen Daddy geht, wird er kleinlaut – zumindest solange dieser anwesend ist.
Mit eben diesen Freuden hat er sich auf einer Party in zweifelhaften Momenten filmen lassen – und mit den Aufnahmen wird er jetzt erpresst. Das ist praktisch die Ausgangslage von Staffel 1, wo die heile, glitzernde Fassade der beliebten Predigerfamilie immer mehr zu bröckeln beginnt und sich tiefe Abgründe dahinter offenbaren. Danny McBride reisst diese Fassade direkt mit der Offenbarung der Erpressung ein, doch wer vermutet, dass das schon alles gewesen sein könnte, der irrt sich. Sowohl Jesse als auch seine Geschwister reiten sich immer tiefer in Probleme hinein, legen immer mehr Geheimnisse offen. Das alles wird aber mit viel Witz erzählt, und immer wieder überrascht Danny McBride mit absurden Wendungen oder einfach mal unerwartet klaren und schroffen Ansagen der Figuren an die Mitmenschen drumherum.
Noch eines drauf setzt McBride mit der Einführung der Figur Baby Billy Freeman, absolut großartig gespielt von Walton Goggins („Justified“). Das ist der Schwager von Eli, der diesen hasst, weil er nach Ansicht von Baby Billy dessen Musikerkarriere zerstört hat. Quasi mittellos, landet er aber immer wieder bei Eli – dieses Mal, um in die Predigergeschäfte einzusteigen. Er bekommt seine Kirche in einem Einkaufszentrum und kann dort seine Show verwirklichen. Auch das geht natürlich nicht gut, und auch da verwickeln sich die Familienmitglieder wieder in Probleme.
Diese ständigen Verwicklungen und Konflikte sind der eigentliche Spaß an der Serie – da interessiert am Ende fast schon gar nicht mehr, von wem Jesse erpresst wird (das ist sowieso schnell klar) oder wie’s aufgelöst wird. Man freut sich einfach über die grotesken Einfälle von Danny McBride und über die teils derben Dialoge, in denen die Figuren immer diesen einen Schritt weiter gehen, als man es selbst für angemessen halten würde. Dazu kommt diese vollkommen ungenierte Zurschaustellung des Reichtums der Familie – sowohl nach außen (es kann jeder sehen, aber den Gemstones ist es egal) als auch nach innen (großartig, wie im Stil einer Untergrund-Organisation die Spendengelder direkt im dunklen Keller gezählt, verpackt und verstaut werden). „The Righteous Gemstones“ profitiert auch davon, dass man nach dem einstündigen Piloten auf das klassische 30-Minuten-Comedyformat gegangen ist. Das macht’s noch kurzweiliger und dichter. Wie schlecht auch immer die eigene Laune sein mag – nach einer Folge „The Righteous Gemstones“ hat man definitiv wieder gute Laune.
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