„Schatten der Mörder – Shadowplay“ heißt eine neue Thriller-Serie des ZDF, die als Event-Programmierung von Freitag, 30. Oktober 2020, bis Montag, 2. November 2020, an jedem Abend um 20.15 Uhr (Folgen 1 & 2) bzw. 22.15 Uhr (Folgen 3 & 4) läuft – und natürlich auch in der ZDFmediathek verfügbar ist. Die Miniserie erzählt von Berlin im brütend heißen Sommer 1946: Eine überhitzte Stadt – gleichzeitig am Abgrund und im Aufbruch. Ein rechtsfreier Raum, in dem sich das Verbrechen krakengleich ausbreitet. Das Spannende aus meiner Sicht: Hier kommt keine weitere Kriegsserie, sondern der Versuch, eine Geschichte am Rande des 2. Weltkrieges zu erzählen, von der Zeit unmittelbar danach. Ich finde die Perspektive sehr spannend, weil man hier einmal bislang wenig beachtete Themen und Geschichten aufgreift, die aber unmittelbar mit einem Großereignis zu tun haben. Erinnert mich ein bisschen an „Star Wars: The Mandalorian“ (ich weiß, komischer Vergleich), wo wir uns ja auch direkt nach dem großen Krieg zwischen dem Imperium und den Rebellen befinden, irgendwo am Rande der Galaxis, ohne Bezug auf die große, bekannte Story.
Zurück zu „Shadowplay“ (den deutschen Titel lasse ich mal im weiteren Beitrag weg; den musste das ZDF wohl mit Rücksicht auf die eigenen Zuschauer bringen, mir hätte der englische Titel vollkommen gereicht): Im Mittelpunkt stehen verschiedene Charaktere, die ihre eigene Position nach dem Krieg suchen. Da ist die Polizistin Elsie Garten, die eine bessere Welt aufbauen will und alles tun würde, um ihren internierten Mann zu retten, der „Engelmacher“ Gladow, der den zahllosen vergewaltigten Frauen hilft und sie damit für seine Untergrundarmee rekrutiert, der amerikanische Vizekonsul Tom Franklin, der seine Position für kriminelle Geschäfte nutzt, und – im Zentrum – die beiden amerikanischen Brüder Max und Moritz, die durch traumatische Kindheitserlebnisse aneinandergekettet scheinen: der eine Polizist, der andere erbarmungsloser Nazi-Jäger. Autor und Regisseur Mȧns Mȧrlind führt uns dabei immer intensiver vor Augen, was der Krieg aus den Menschen macht. Ein Interview mit ihm findet sich hier.
Shadowplay – Schatten der Mörder: Darum geht’s in der ZDF-Miniserie
Der New Yorker Polizist Max McLaughlin kommt im Sommer 1946 ins kriegszerstörte Berlin, um in der amerikanischen Besatzungszone eine Polizeieinheit aufzubauen. Dabei gerät er nicht nur mit kriminellen Schwarzmarkthändlern und korrupten Diplomaten aneinander, sondern muss sich auch den Schatten seiner Vergangenheit und damit seinem älteren Bruder Moritz stellen, der einen brutalen Privatkrieg gegen entflohene Naziverbrecher führt.
Der Amerikaner Max McLaughlin konnte nicht für sein Vaterland gegen Nazideutschland in den Krieg ziehen. Nach Kriegsende sieht er seine Chance gekommen, einen Beitrag zum politischen Aufbau zu leisten. Er soll in der amerikanischen Besatzungszone, nach dem Vorbild des New York Police Departement, eine schlagkräftige Polizeieinheit für Berlin aufbauen. Gleichzeitig erhofft er sich, seinen als vermisst gemeldeten Bruder Moritz zu finden, der als GI gegen die Nazis gekämpft hat.
Als Max in Berlin auf eine Truppe von unausgebildeten Frauen und Waisenkindern trifft, die mit Tischbeinen bewaffnet versucht, Recht und Ordnung aufrechtzuerhalten, staunt er allerdings nicht schlecht. Unterstützung für seinen Auftrag erhält er von Kommissarin Elsie Garten, deren Mann Leopold ebenfalls als vermisst gilt. Schon bald bekommt es die ungewöhnliche Polizeieinheit mit einem Doppelmord an zwei GIs zu tun. Hinter dem Verbrechen steckt der Schwarzmarktkönig Hermann Gladow, genannt „Der Engelmacher“, der zahllosen vergewaltigten Frauen mit illegalen Abtreibungen hilft und diese so für seine Untergrundarmee rekrutiert. Die ebenso intelligente wie verzweifelte Karin ist eine von ihnen. Bald steigt sie in der Organisation auf und wird zu Gladows rechter Hand.
Eine andere grausame Mordserie möchte Max hingegen so weit als möglich vor seiner Polizeitruppe verheimlichen: Immer wieder tötet ein Unbekannter untergetauchte Nazis nach dem Muster der Max-und-Moritz-Streiche von Wilhelm Busch, und sehr schnell erkennt Max darin das Werk seines Bruders Moritz.
Shadowplay – Schatten der Mörder: Die Hauptfiguren in der ZDF-Miniserie
Max McLaughlin (Taylor Kitsch): 31 Jahre alt, aufgewachsen in Brooklyn, in dritter Generation im NYPD. Seine Mutter war eine deutsche Immigrantin, er hat einen großen Bruder, Moritz. Eines Abends, als Max neun war, kam sein Vater betrunken nach Hause und hatte einen Streit mit Max’ Mutter. Er bedrohte sie mit seiner Dienstwaffe und ein Schuss löste sich, welcher sie auf der Stelle tötete. Max lief zu seiner toten Mutter, was seinen Vater noch mehr provozierte, sodass er die Waffe auf Max richtete. Er schoss erneut, aber Moritz warf sich in die Schussbahn, fing die Kugel ab und rettete somit das Leben seines kleinen Bruders. Der Vater beging daraufhin Selbstmord. Ein traumatisches Erlebnis, welches die Brüder im Guten und Schlechten bis heute verbindet.
Max heiratete früh ein Mädchen aus der Nachbarschaft, aber die Verbindung hielt nicht lange. Er trägt etwas in sich, das ihn davon abhält, das Leben zu genießen, sich auf Beziehungen einzulassen. Heute hat Max wenig Kontakt zu seiner Frau, aber sie kümmern sich gemeinsam um ihren zehnjährigen Sohn Jimmy. Max schreibt jede Woche einen Brief und telefoniert regelmäßig mit ihm. Dank seiner Mutter spricht Max recht gut Deutsch. Sie gab ihren Söhnen auch deutsche Namen, abgeleitet von den berühmten Brüdern Max und Moritz, die für ihre bösartigen Streiche berüchtigt sind. Max reist mit der Einstellung eines blauäugigen Idealisten nach Berlin und ist dort für den Wiederaufbau der Berliner Polizei im amerikanischen Sektor verantwortlich. Aber es gibt auch einen persönlichen Grund für Max, nach Berlin zu kommen: Er vermutet dort seinen seit langer Zeit vermissten Bruder.
Elsie Garten (Nina Hoss): Ende 30, geboren und aufgewachsen in Berlin. Zerrissen wie die Stadt Berlin. Ihr Ehemann Leopold wird in Russland vermisst. Aber Elsie vermutet, dass er noch am Leben ist. Sie hat Recht: Er wird in Berlin in einem Gefangenenlager festgehalten. Elsie wird für die Russen spionieren, damit sie ihren Ehemann zurückbekommt. Um mehr Essensmarken zu erhalten, arbeitete Elsie zunächst als Trümmerfrau. Dann kam ihr die Idee, sich bei der Polizei zu bewerben, und sie stieg dort schnell auf. Diese Arbeit bringt genauso viel Geld, ist aber körperlich nicht so anstrengend. Heutzutage glaubt Elsie, dass sie ein besseres Berlin schaffen kann, ein neues Berlin, erbaut auf der Asche der Ruinen. Wie in den meisten Polizeibezirken Berlins arbeiten auch in Elsies Bezirk hauptsächlich Frauen. Elsie ist die Leiterin der Sektion, ihr Bezirk liegt im amerikanischen Sektor. Elsies hehres Ziel ist es, eine bessere Zukunft zu schaffen, für sich und ihren Ehemann, von dem sie tief in ihrem Inneren weiß, dass sie ihn wiedersehen wird. Aber der Preis, den sie dafür zahlen muss, ist hoch.
Tom Franklin (Michael C. Hall): 45 Jahre. Amerikanischer Vizekonsul. Eloquent und schlau. Er studierte Jura in Stanford, weil es seine Familie so wollte. Kunst, weil er es so wollte. Auch die Entscheidung nach Deutschland zu gehen, fällte er gegen den Willen seiner Familie. Franklins offizielle Arbeit in Berlin, seine Stelle als Vizekonsul, ist eher repräsentativ, aber seine eigentliche Mission ist Spionage. Seine Aufgabe besteht darin, den russischen Sektor zu kontrollieren. Sein Vorgehen ist von reinem Selbstinteresse geprägt. Berlin ist der perfekte Ort für ihn. Tom Franklin ist Max‘ offizieller Vorgesetzter. Er ermutigt Max, Informationen für ihn zu sammeln, die er für seine Spionagearbeit verwenden kann. Franklin ist mit Claire verheiratet. Ihre Beziehung ist ein wenig die Jahre gekommen, was auch am dominanten Auftreten von Franklin liegen mag.
Claire Franklin (Tuppence Middleton): 35 Jahre alt, geboren und aufgewachsen in Sussex, England. Wie es wirklich in ihr aussieht, weiß niemand. Einerseits genießt sie das Leben in der Upperclass, andererseits erkennt man die große Einsamkeit in ihr. Partys und Glamour, die Gründerin des Clubs amerikanischer Hausfrauen in Berlin, immer ein Lächeln und einen flotten Spruch auf den Lippen: Sie ist die perfekte Gastgeberin, die aber zu viel trinkt und zahlreiche Affären eingeht. Als Claire Max kennenlernt, fühlt sie sich sofort zu ihm hingezogen. Claires Vater und ihre beiden Brüder wurden alle im Krieg getötet, während sie selbst in Washington D.C. mit Franklin zusammenkam. Sie hat den Krieg nur von jenseits des Atlantiks erlebt, aber ihre Brüder und ihr Vater standen ihr nah und ihr Hass auf die Deutschen sitzt tief. Diese dunkle Seite, die ihren Charakter prägt, tritt zu Tage, als sie realisiert, dass ihr Ehemann Tom Ex-Nazis bei der Flucht hilft.
Moritz McLaughlin (Logan Marshall-Green): 35 Jahre alt. Max‘ älterer Bruder. Soldat der amerikanischen 45. Infanteriedivision. Als vermisst gemeldet, aber mit eigener Agenda aktiv auf Berlins Straßen: Er spürt Altnazis auf, an denen er sich rächen will und tötet sie. Sein Gerechtigkeitsgefühl ist biblisch und unerbittlich, hochgradig pathologisch. Ein traumatisches Erlebnis in seiner Kindheit und der Krieg haben ihn zerstört. Die Bildergeschichten von Max und Moritz liefern ihm die Grundlage für seine grausamen Rachetaten. In seiner verdrehten Weltsicht hofft er, dass Max ihn auf seinem Schlachtzug begleiten wird.
Karin (Mala Emde): 25 Jahre alt. Vor dem Krieg arbeitete Karin als Bedienung in einem Bierhaus in Neukölln. Sie war ein rundum optimistisches und fröhliches Mädchen. Dann kam der Krieg und im Anschluss die Besatzung der Alliierten. Einsam und ein wenig naiv lernt sie zwei sympathische amerikanische Soldaten in einer Bar kennen. Doch die beiden entpuppen sich als brutale Vergewaltiger. Nur knapp entgeht sie dem Tod und muss dann auch noch erfahren, dass sie schwanger ist. In ihrer Not entscheidet sich Karin, einen Mann zu kontaktieren, von dem sie bislang nur Gerüchte gehört hat: den „Engelmacher“, der Frauen bei der Abtreibung hilft. Sie weiß, dass sie dafür einen Preis zahlen muss, ahnt aber nicht, wie hoch dieser sein wird. Karin entwickelt sich immer mehr vom Opfer zur Täterin. Die bescheidene Kellnerin aus Neukölln wird zu einer der wichtigsten Handlangerinnen für den „Engelmacher“, indem sie ihm hilft, sein Imperium zu erweitern und zu sichern.
Hermann „Engelmacher“ Gladow (Sebastian Koch): Mitte 50. Arbeitet in allen Sektoren. Brutal. Intelligent. Mitfühlend. „Der Engelmacher“ ist Berlins Al Capone und seine Expertise erstreckt sich auf Raub, Entführungen, Schwarzmarkt, Mord und Prostitution. Er hat ein Team von 70 Leuten und die meisten von ihnen sind Frauen. Er ist diskret und nur wenige wissen, wer er wirklich ist – ausgenommen die Leute, die für ihn arbeiten. Er ist eine Legende in Berlin und alle nennen ihn „Engelmacher“. Vor dem Krieg war er Gynäkologe. Sein Spitzname leitet sich aus dem Umstand ab, dass er Frauen bei Abtreibungen hilft, die sie sich meist nicht leisten können. Für seinen Service fordert er von den Frauen Gefälligkeiten. Diese Gefälligkeiten decken das gesamte Spektrum seiner kriminellen Machenschaften ab: von Prostitution, Schmuggel und Spionage bis hin zum Mord. „Engelmacher“ ist so komplex wie die Stadt Berlin – er ist ein Schurke, zeigt aber auch sehr viel Mitgefühl mit den Opfern. Dieses Mitgefühl sichert ihm die Loyalität seiner Leute.
Auf der nächsten Seite gibt es ausführliche Inhaltsangaben zu allen Folgen (Spoiler-Alarm).
Das Setting der Serie erinnert ein wenig an den Film-Klassiker „Der dritte Mann“ und an Soderbergh’s „The Good German“, und ich bin definitiv darauf gespannt, was Måns Mårlind aus dem Stoff gemacht hat. Hoffentlich wird’s so spannend wie seine Serie „Die Brücke“!
Ich weiß noch nicht so genau, ob mir die Verknüpfung mit dem Klassiker Max & Moritz so gut gefällt… aktuell eher nicht. ;-) Aber ggf. funktioniert’s dann in der Umsetzung. :-)
Also sollten in der Serie auch noch „Witwe Bolte“ und „Lehrer Lämpel“ als Namen auftauchen, werd‘ ich sie wohl leider nicht mehr ernst nehmen können ;)
…vermute aber eher, dass die beiden Brüder in der Serie einfach nur deutsche Vorfahren haben, die in die USA ausgewandert sind und Wilhelm Busch‘s Lausbubengeschichten kannten. Aber vielleicht erfahre ich es ja bereits heute Abend!?
weiß jemand von wem das cover des songs „shadowplay“ ist, das am anfang der folgen gespielt wird?
Ich weiß nur, dass die Musik zu der Serie von dem Franzosen Nathaniel Méchaly komponiert wurde, und auf seiner Website ist der Titelsong auch zu finden: https://nathanielmechaly.fr/cinema/shadowplay
Shadowplay original ist von joy division ;)
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