Der große Streamingkonkurrent für Netflix ist und bleibt für mich Amazon Prime Instant Video, oder eben nur kurz Amazon. Beide dürften sich in Zukunft dieselbige im Bereich Streaming von Serien und Filmen aufteilen. Und beide versuchen die Gunst des zahlungsbereiten Publikums auch durch Eigenproduktionen zu gewinnen. Während Netflix wohl in Zukunft in einem Atemzug mit Marvelserien zu nennen ist, fällt Amazon immer wieder mit interessanten Serienkonzepten und Ideen auf. „Transparent“ oder auch „Mozart in the Jungle“ sind jetzt nicht unbedingt Stoffe, bei denen man davon ausgehen konnte, dass sie zünden werden. Bei „Alpha House“ und „Bosch“ vielleicht schon eher, um abschließend noch zwei erfolgreiche Serienformate bei Amazon zu nennen.
Das Besondere bei Amazon ist aber, dass sie die Pilotfolgen der Eigenproduktionen zur Abstimmung an ihr Publikum übergeben und erst mal die Reaktionen der Kunden abwarten, ob das Produkt ankommt oder nicht. Und nur wenn die Serie bei einer „kritischen“ Masse ankommt, wird die Serie in Produktion gegeben. Da schimmert es durch, das konventionelle Warenhaus. Gib deinen Kunden, was sie wollen, wollen sie es nicht, kick es aus deinem Sortiment. So einfach kann es sein.
Jetzt ist es wieder soweit. Zwei Pilotfolgen stehen zur Abstimmung bereit. „Sneaky Pete“ und „Casanova Untold“. Ich habe mir am Wochenende beide Folgen nacheinander angeschaut, hier mal zu Papier gebracht und in drei Teile aufgeteilt.
In diesem ersten Teil gibts für die Eiligen unter Euch die Kurzfassung: Inhalt, Schauspieler, Bewertung und Ausblick. Wer es etwas ausführlicher haben möchte, der schaut sich dann am besten noch den zweiten Teil an, da gehts nur um „Sneaky Pete“. Im abschließendem dritten Teil findet ihr die ausführlicheren Ausführungen zu „Casanova Untold“. Viel Spaß.
Kurzfassung – Sneaky Pete
Marius ist ein Trickbetrüger und sitzt derzeit im Gefängnis. Aber nicht mehr lange. Über seinen Bruder erfährt Marius, dass sein alter Geschäftspartner, dem er noch eine Menge Geld schuldet, schon sehnsüchtig auf ihn wartet. Da beide das Geld nicht zusammen haben, plant Marius sein Leben in Freiheit etwas anders als zunächst gedacht. Er nimmt die Identität seines Zellengenossen Pete an und besucht dessen Großeltern und stellt sich ihnen als ihr Enkel Pete vor, den sie seit über 20 Jahren nicht gesehen haben. Und es läuft anfangs gut für Marius, er wird als geliebter Enkel in der Familie aufgenommen und muss auch gleich im Familiengeschäft, einer Kautionsagentur, mitarbeiten und einen flüchtigen Klienten finden. Am Ende können sie den Flüchtigen überwältigen und der Polizei übergeben. Das fröhliche Abendessen bei seiner neuen Familie wird aber je durch einen Telefonanruf bei seinem Bruder gestört. Sein Geschäftspartner von früher, Vance, hat sich seinen Bruder geschnappt und droht Marius, ihm nach und nach Körperteile abzuschneiden, sollte Marius das Geld nicht beschaffen. Was tut Marius nun?
Schauspieler
Die beteiligten Schauspieler werden namentlich natürlich durch Bryan Cranston (Breaking Bad) angeführt, der am Ende als Vance einen Auftritt hat und auch als Produzent fungiert. Die Titelfigur spielt Giovanni Ribisi (My Name is Earl), seine Kollegin und vermeintliches love interest, Julia, wird verkörpert von Marin Ireland (Homeland, Boss). Als dritte bekannte Schauspielerin sollte man noch Margo Martindale als Großmutter erwähnen, die durch ihre Rollen in „Justified“ oder auch „The Americans“ bekannt sein und neben Cranston und Ribisi die wohl interessanteste Figur der Serie verkörpern dürfte.
Bewertung und Ausblick
Die Grundidee der Serie, also die Maskerade und der Identitätenwechsel, um unterzutauchen, ist jetzt nicht unbedingt neu und besonders kreativ. Allerdings versprühen die Schauspieler schon ein gewisses Esprit und die Chemie zwischen Ribisi und Ireland passt. In einigen Szenen könnte man auch an die frühen Folgen von „Castle“ erinnert werden, der Humor ist ähnlich, allerdings nicht ganz so offensichtlich. Die gesamte Handlung der Pilotfolge ist gefällig und eckt nicht sonderlich an. Sehr klever ist das Ende der Pilotfolge, der Cliffhanger. Bryan Cranston tritt als Antagonist in die Szenerie und setzt am Ende eine schauspielerische Marke. Dies könnte in Erinnerung bleiben und die Bewertung der Serie beim Publikum höher treiben als ohne Cranston.
Ich gehe auch fest davon aus, dass „Sneaky Pete“ am Ende des Tages grünes Licht von Amazon bekommen wird.
Kurzfassung – Casanova Untold
Giacomo Casanova hat es bei seinem letzten Stelldichein wohl etwas übertrieben, er sitzt seitdem im Gefängnis von Venedig. Allerdings kann er von einem Freund befreit werden und flieht nach Paris. Dort möchte er ein seriöses und anständiges, wenn auch weiterhin wohlhabendes Leben führen. Hier erhofft er sich Hilfe von einem alten Freund, der es sogar bis zum Minister und Berater des Königs geschafft hat. Das dritte Puzzlestück in dieser „Dreiecksgeschichte“ voller politischer Intrigen ist die Mätresse Ludwigs XV, Madame de Pompadour. Sie ist aus der Sicht vieler einflussreicher Männer am fränzösischen Hof zu mächtig geworden und übt zudem auch noch einen schlechten Einfluss auf den König aus. Bernis, Casanovas Freund, erhofft sich von den Talenten des italienischen Lebemannes eine Möglichkeit, die Pompadour zu kompromitieren um sie so beim König unbeliebt zu machen, so dass er sich fallen lässt. Casanova bemerkt aber recht schnell, dass die Pompadour keine gewöhnliche Mätresse ist sondern strategisch klever im Verwaltungsaparat vernetzt ist. Aber er erkennt eine andere Schwäche, die er für sich zu Nutze machen will. Ihr Alter. Jede Mätresse fürchtet von einer jüngeren Frau ersetzt zu werden. Und Casanova hat für sein politisches Spiel auch schon das passende junge Mädchen ausgesucht. Wird sein Plan aufgehen?
Schauspieler
Die beteiligten Schauspieler sind für mich – ganz bewusst gesehen – völlig unbekannt. Natürlich sagt mir „Milk“ etwas, aber das neben Sean Penn als Hauptdarsteller auch Diego Luna in diesem großartigen Film mitgewirkt hat, ist mir nicht in Erinnerung geblieben. Luna spielt hier den großen Giacomo Casanova. Seine Gegenspielerin, wenn man so will, wird von Bojana Novaković verkörpert. Novaković kann ich ebenso bewusst nirgends unterbringen, auch wenn ich ihre letzte Serie, „Rake“, zumindest am Anfang verfolgt habe. In „Shameless“ habe ich noch nicht reingeschaut. Der bekannteste Schauspieler für mich ist da noch Ben Daniels als Francois-Joachim de Bernis, den ich unter all der Schminke aber erst gar nicht erkannt habe. Neben „House of Cards“ muss man hier als Freund britischer Serien natürlich „The State Within“ erwähnen, in der er die zweite Hauptrolle neben Jason Isaacs gespielt hat.
Bewertung und Ausblick
Die Geschichte, die „Casanova Untold“, ein saublöder Titel wenn ich das mal anmerken darf, erzählen will, hört sich sehr vielversprechend an. Man erwartet politische Intrigen und Angriffe von allen Seiten, gefährliche Affären am Hof, schöne Bilder von Palästen (innen wie außen) und atemberaubende Kostüme. Und inmitten dieser interessanten Melange haben wir mit Giacomo Casanova Europas größten Frauenschwarm, den die Welt je gesehen hat. Schon zu seiner Zeit war Casanova eine Legende. Frauen liegen ihm zu Füßen, mächtige Männer fürchten seine Anwesenheit und beneiden ihn gleichzeitg um sein Talent. Leider kann die Pilotfolge diese Erwartungen nicht halten, viel zu sehr verlässt sich die Handlung auf die Bilder, die unmittelbar in unseren Köpfen entstehen, wenn man an all die Geschichten denkt, die man über Casanova bereits gehört und gelesen hat. Der Elefant im Raum lässt zumindest in der Pilotfolge kaum Platz für eine wirkliche Einführung der Hauptfigur.
Rein konzeptionell dürfte „Casanova Untold“ „Sneay Pete“ überlegen sein, allerdings kann man nach der ersten Folgen noch nicht wirklich sagen, ob einem die Hauptfigur sympathisch genug ist um ihn weiterhin in Paris bei seinen erotischen Abendteuern begleiten zu wollen. Dafür bleibt die Pilotfolge viel zu sehr an der Oberfläche. Ich denke, auch wenn die Bewertungen unterhalb des Videos bei Amazon recht positiv sind, dass es „Casanova Untold“ schwer haben wird, grünes Licht zu bekommen.
Soweit die beiden Pilotfolgen in aller Kürze. Wer mehr zu den beiden neuen potenziellen Amazon Serien lesen möchte, der darf gerne auf den nächsten beiden Seiten weiterlesen.
Fotos: Amazon
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