Tja, wie beendet man eine Serie, die 34 Jahre lang praktisch ununterbrochen auf Sendung war? Keine leicht zu beantwortende Frage, zumal wir wissen, dass das Ende einer Serie selten befriedigend läuft. Es entbehrt auch nicht einer gewissen Ironie, dass die „Lindenstraße“ in Zeiten einer weltweiten Pandemie zu Ende geführt wird – eine Vorlage, die sich die Serie noch vor wenigen Monaten zu eigen gemacht hätte, indem man mit dem Ensemble tagesaktuell das Thema mit in die Handlung übernommen hätte. Das war jetzt nicht mehr möglich, weil Ende Dezember 2019 alles abgedreht war. Da war die Welt noch in Ordnung, halbwegs zumindest. Insofern gibt’s dann auch ein bisschen konservierte heile Welt in Zeiten von Corona.
Immerhin hat das Team um Hans W. Geißendörfer und seine Tochter Hana Geißendörfer es uns erspart, dass allzu theatralisch auf die Tränendrüse gedrückt wird. Die „Lindenstraße“ erzählt ihre Geschichten bis zum Schluss, und so geht’s am Ende auch noch einmal ans Eingemachte – und läuft auf den schon klassischen Konflikt zwischen Anna und Helga hinaus. Ich habe mich ja die ganze Zeit gefragt, ob die Geißendörfers den Beimers, Zieglers und Zenkers ein Happy End gönnen oder ob sie die Lindenstraße lieber in Schutt und Asche legen. Zum Schluss ist es deutlich mehr Happy End als Zerstörung, allerdings mit dem faden Beigeschmack, dass es auch in der Lindenstraße so laufen wird wie im richtigen Leben. Angelina Dressler wird schon dafür sorgen, dass die Hausgemeinschaft in Haus Nummer 3 endlich sein wird. Geld regiert die Welt, das spiegelt sich auch in der Lindenstraße am Ende noch einmal wider.
Was aber wirklich wichtig ist, und das hat die Lindenstraße über 34 Jahre immer betont, sind Freundschaft und Familie. Insofern ist es nur konsequent, dass die Autoren am Ende noch einmal in Ruhe alle Etagen des Hauses durchgehen, die Familien im Miteinander zeigen; die Freunde, wie sie füreinander da sind. Und sie lassen auch noch einmal Helga Beimer betonen, wie wichtig diese Gemeinschaft im Haus über all die Jahre war – als neue Mieter einziehen; das Leben geht weiter. Zusammenhalt, Füreinander da sein, Familienbande – das war auch in der letzten Folge noch einmal der Antrieb, dass Helga Beimer über ihren Schatten springt und sogar so weit geht, Anna vor dem Gefängnis zu bewahren. Anna selbst ist auch zu keiner Zeit allein – Carsten begleitet sie auf die Wache, Gabi und Andy versprechen, für die Kinder da zu sein, falls es zum schlimmsten Fall kommt.
Ein paar klassische Elemente mussten natürlich auch nochmal rein, das Spiegelei selbstverständlich, und ein Konfuze-Spruch von Gung. Dann ist aber auch Schluss: Helga Beimer obliegt es, die letzten Schritte durch die Lindenstraße zu machen, sich noch einmal ihr Zuhause genau zu betrachten. Das ist Heimat, das ist Familie. Das ist das, was die Lindenstraße immer herausgestellt hat – und das ist das, was uns in Zukunft fehlen wird. Und mit Blick auf die Eingangsfrage: Alles richtig gemacht, Hans und Hana Geißendörfer. Auf Wiedersehen, Lindenstraße.
UPDATE: Zum Schluss stimmte auch noch einmal die Quote: 4,09 Millionen Zuschauer fanden sich vor dem TV ein, um „Lindenstraße“ zu verabschieden. Zuletzt gab es im Januar 2011 eine solche Quote. 2019 war der Schnitt unter die 2-Millionen-Marke gefallen. Sogar im Vergleich zur schon stärkeren Folge der Vorwoche betrug der Zuwachs 1,6 Millionen Zuschauer. Der Marktanteil lag bei 13,3 Prozent.
Bilder: WDR
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