Die Serie – darum geht’s
Ja, es gab auch schon in den 90er Jahren hochwertige, unterhaltsame Serien, die über mehrere Staffeln liefen und mit tollen Schauspielern großartige Geschichten erzählten. Und das alles vor dem Pay-TV- und Streaming-Hype (zumindest in Deutschland). Man musste Serien auf Prosieben oder auf Vox schauen, mit Werbeunterbrechungen, gekürztem Abspann usw. Ein absolutes Highlight aus dieser Zeit ist für mich Ally McBeal – eine Serie über eine neurotische Anwältin (gespielt von Calista Flockhart), die sich in einer Kanzlei zurechtfinden muss, in der es nicht weniger merkwürdige Kollegen gibt. Richard Fish (Greg Germann) und John Cage (Peter MacNicol) zum Beispiel, die beiden Kanzleibesitzer, der eine durch und durch geld- und selbstverliebt, der andere gefühlvoll, aber auch ein bisschen trottelig. Beide sind aber großartige Anwälte. In der Kanzlei arbeitet auch Allys Jugendliebe Billy Thomas (Gil Bellows) – und auch dessen Frau Georgia (Courtney Thorne-Smith), sehr zum Leidwesen von Ally. Ally selbst wohnt in einer WG mit Staatsanwältin Renee (Lisa Nicole Carson), die sich gegenseitig ihr Beziehungsleid klagen. Jede Folge erzählt in der Regel zwei aktuelle Fälle, parallel wird die Geschichte um Ally und die Kanzlei weitergesponnen. Abends treffen sich alle Kollegen in Martini Bar im Basement des Kanzlei-Hochhauses, wo es neben ein paar Drinks und resümierenden Gesprächen auch ein bisschen Musik gibt – von Vonda Shepard.
Die Serie setzte in vielen Bereichen Maßstäbe: schnelle Dialoge, verrückte Charaktere, ein perfekt abgestimmter Soundtrack – Ally McBeal war der Prototyp vieler weiterer Serien dieser Art, nicht nur auf dem Gebiet der Anwaltsserien.
In diesem Video heben Vonda Shepard und Serienerfinder David E. Kelly (von ihm stammen diverse Anwaltsserien wie auch The Practice und Boston Legal) noch einmal die Bedeutung der Martini Bar für die Serie hervor. Die Schauspieler hätten allesamt so viele verschiedene Talente, die man auf der Bühne in der Bar perfekt präsentieren konnte, sagt zum Beispiel Vonda Shepard. Die Bühne war auch der Platz, an dem zahlreiche Stars aus dem Musikbusiness im Laufe der 112 Folgen einen Gastauftritt hatten. Ally McBeal war seinerzeit einfach so angesagt, dass Musiker wie Elton John oder Sting gerne bereit waren, aufzutreten, oder teilweise sogar explizit danach fragten, einen Auftritt haben zu dürfen. Auftritte hatten unter anderem Anastacia, Jon Bon Jovi, Mariah Carey, Al Green, Barry Manilow, Tina Turner oder Barry White.
Die Musikerin
Vonda Shepard ist eine amerikanische Sängerin und Songwriterin. In den 90er Jahren hatte sie erste Alben veröffentlicht, ehe es zum Kontakt zur Serie Ally McBeal kam. Wie genau der entstand, dazu gibt es verschiedene Geschichten. Offensichtlich wurde allerdings der Produzent der Serie, David E. Kelley, durch seine Frau, die Schauspielerin Michelle Pfeiffer, auf ihre Musik aufmerksam, da diese Shepard persönlich kannte. Kelly wählte Shepards Song „Searchin‘ my soul“ aus einem ihrer ersten Alben als Titelsong der Serie aus, für den Score war Danny Lux zuständig (unter anderem auch der Komponist des Score für Boston Legal und My Name is Earl). Der Song ist sehr eingängig, hat Ohrwurmpotenzial und passt textlich perfekt auf den Hauptcharakter der Serie, eben Ally McBeal. Vonda Shepard steuerte allerdings nicht nur Songs zur Serie bei, sondern spielte auch mit – sich selbst als Pianosängerin in der Martini Bar. So hatte sie in fast jeder Folge zum Ende ihren eigenen Auftritt. Anfangs wählte David E. Kelly die Songs für jede einzelne Folge aus, später durfte Vonda Shepard auch beraten und vorschlagen. Nicht selten erfüllte sie in der Handlung Songwünsche der Anwälte oder führte Duette mit ihnen auf. Im Laufe jeder Folge waren weitere Songs von ihr zu hören, so dass sie nach eigenen Angaben hunderte Songs für Ally McBeal arrangierte und zumindest teilweise aufnahm.
Viele Songs hat Vonda Shepard auch selbst geschrieben, zum Beispiel den Titelsong gemeinsam mit Paul Howard Gordon. Zusätzlich nahm sie bekannte Klassiker im typischen Ally McBeal-Sound auf. Die Serie machte Vonda Shepard schlagartig berühmt – was lag da näher, als die Songs auch auf ein Album zu bannen?
Hier spricht Vonda Shepard über ihre Auftritte in Ally McBeal:
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