Amazon macht ernst im Markt der Online Videotheken. Der Service in Verbindung mit einer Versandflatrate wird fast schon verschleudert. Doch bei allen Preisspielen ist es am Ende der Content, der zählt. Während Netflix House of Cards als USP präsentiert, ist es bei Amazon die Crime Serie Bosch. Vor dem Start der Serie im Februar hatten wir bereits die erste Folge im Review, siehe hier, nun ist es an der Zeit, sich mit der kompletten Staffel beschäftigen.
Worum geht es in der Serie?
In Bosch geht es um den klassischen Fernsehpolizisten. Die Arbeit ist sein Ein und Alles, deswegen ist auch seine Ehe zerbrochen. Die Tochter, welche bei seiner Exfrau wohnt, hat er seit 3 Jahren nicht mehr gesehen. Eigentlich wollte er sie schon lange besuchen, aber es ist immer wieder etwas dazwischen gekommen. Als Polizist ist er zwar einer der Guten, doch hat er es nicht so mit den Regeln, ihm geht es einzig und allein darum Fälle zu lösen.
Nun muss sich Bosch zwei Kriminalfällen widmen. Einer davon dreht sich um den Mord an einem kleinen Jungen vor 20 Jahren, dessen Gebeine gefunden werden. In dem anderen Fall geht es um einen Massenmörder der zufällig gefasst wird und bei dem es um die Aufklärung seiner Taten geht. Bei dem Mord an dem Jungen sieht Bosch Parallelen zu seiner eigenen Kindheit, die nicht einfach war. Er verbrachte seine Jugend nach dem Tod seiner Mutter in einer Anstalt, in der es hart zuging. In diesem Zusammenhang erfüllt Bosch ein weiteres Klischee, denn für ihn ist es das Schicksal, welches die Knochen des Jungen zu Tage geführt hat und es sei nun seine (schicksalshafte) Aufgabe, den Mörder zu finden. Das erinnert doch stark an das klassische 80er Jahre Crime Thema: „Es ist etwas Persönliches“.
Flankiert werden die Ermittlungen von dem Leben des Harry Bosch. Dabei geht es beispielsweise um die Liebschaft mit einer Kollegin, oder um Probleme mit seinen Vorgesetzten, denen seine Art der Polizeiarbeit nicht immer gefällt. Dazu kommt dann noch seine Tochter, der er gerecht werden will aber es nicht so richtig schafft. Eine Prise Politik wird dann auch noch gezeigt, Boschs Polizei Chief konspiriert mit dem kommenden Bürgermeister.
Wie kommt das ganze an?
Bosch ist eine sehr angenehm zu schauende Serie, auch wenn sie in keiner Disziplin Maßstäbe setzt. Die Titelmelodie, welche dominiert wird von einer leidenden 1920er Jazz Trompete, unterstreicht die konservative und unaufgeregte Ausrichtung der Crime Serie.
Der Titelsong: Caught A Ghost – Can’t Let Go
Harry Bosch erfüllt einfach alle Klischees. Es hätte nur gefehlt, dass er noch einen latenten Alkoholismus an den Tag legt. Bosch ist ein Polizist, den man so ähnlich schon mehrfach im Fernsehen gesehen hat. Das spannende ist aber, dass dies kein Beweis für das Scheitern der Serie ist, sondern für ihren Erfolg.
Bosch, der Charakter und die Serie gleichermaßen, haben nicht den Anspruch, etwas Besonderes zu sein und das Genre neu zu erfinden. Die Serie ist mit sich und dem klassischen Ansatz sehr zufrieden und lebt dies in voller Breite aus. Einen großen Anteil daran, dass dies so gut funktioniert, trägt der Hauptdarsteller Titus Welliver. Seinem leicht gequälten, aber durchaus selbstbewussten Gesichtsausdruck nimmt man einfach alles ab, selbst wenn er etwas pathetisch von Schicksal spricht, als es um den Fall des ermordeten Jungen geht.
Besonders schön finde ich, dass die Serie sich in der letzten Episode Zeit für den Charakter nimmt: Kein großes Drama, keine großer Cliffhanger. Bosch hat Zeit sich nach getaner Arbeit mit seinen Kollegen und der Familie auseinander zu setzen, bis er am Ende alleine mit dem Auto in die Ferne fährt; fast so wie der Cowboy, der in den Sonnenuntergang reitet.
Auch wenn Bosch fast schon als Comeback der 80er Jahre Detective Serie bezeichnet werden muss, wirkt dies in der heutigen Serienlandschaft seltsamerweise erfrischend. Freunde von klassischen Drama Serien werden auf ihre Kosten kommen.
Anmerkung mit Spoiler
Interessanterweise entscheidet Amazon erst nach der ersten Folge und der Zuschauerresonanz, ob eine Serie produziert wird. Deswegen bemerkt man einen kleinen Bruch zwischen Folge eins und den darauffolgenden Episoden der Staffel. In Folge 1 sehen wir, wie Bosch einen Verdächtigen in dem Glauben erschießt, er habe eine Waffe, was sich am Ende jedoch als Trugschluss erweist. Geklärt wird dieser Umstand nicht mehr. Ich vermute, dass nach dem Auftrag zur Produktion der Staffel dieser Plot verworfen wurde. Man hätte mehr aus dieser Idee machen können und Bosch etwas komplexer und unberechenbarer inszenieren können.
Ah, endlich gibt’s auch mal was Positives zu Bosch zu lesen. Hatte bisher eher durchwachsene Kritiken gehört – die eben das bemängeln, was Du lobst, also klassischer Ansatz, keine großen Aufreger, eher 80er Style. Muss man wahrscheinlich mögen. Hatte die Serie für mich eigentlich mit „Nicht schauen“ markiert, werde jetzt aber doch nochmal reinschauen, denke ich. :-)
Sehr schöne Review. Mir fehlt noch eine Folge dann bin ich durch mit Staffel 1 und mir persönlich gefällt Bosch sehr gut. Die Kritikpunkte die du nennst kann ich zwar nachvollziehen, jedoch ist die Serie eine Adaption der Harry-Bosch-Romanen von Michael Connellys. Die Bücher werden seit, ich glaube 1992 veröffentlicht. Für die Serien-Adaption wurden hier und da kleine Details verändert aber die Grundfigur und die Fälle sind identisch. Deswegen wirkt auf dem Bildschirm auch alles so „Old School“. Aber so ist das halt, wenn man auf Grundlage von Büchern arbeitet und den Kern beibehalten will. Ich für meinen Teil schaue Bosch sehr gerne da die Serie, obwohl sie von Mord und Totschlag handelt auch eine gewisse Ruhe mit sich bringt :-)
@Daniel: Danke für den Hinweis! Dann macht dieses Retro-Feeling ja echt absolut Sinn :-)
@Michael: Am Ende ist es sicherlich eine Frage des Geschmacks, aber mir (Daniel ja offenbar ebenfalls) hat dieser Stil wirklich gut gefallen. Falls du dir ein Prime Probe-Abo geholt haben solltest, dann schau auf jeden Fall mal rein.
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