Die Serie ist beendet worden. Ganze fünf Staffeln bringt „Star Trek: Discovery“ auf die Waage und zieht damit mit dem (bisherigen) hässlichen Entlein des Franchise, „Star Trek: Enterprise“, gleich. Auch wenn die Serie um Michael Burnham deutlich weniger Episoden hatte.
„Star Trek: Discovery“ bedeutet auch heute noch viel Schmerz für mich. Denn die Serie stand für das große Serien-Comeback von Star Trek. Ich habe mich so darauf gefreut. Die ersten Bilder des Schiffs, dass man ein altes Design aus der TOS-Ära verwendet hat. Dass der Name Discovery die Hoffnung auf Entdeckung und etwas Neues geweckt hat. Dann der Cast: Michelle Yeoh, Sonequa Martin-Green, dazu sogar Jason Isaacs – das klang vielversprechend. Und die erste Staffel hatte ihre Momente: sehr spannende, sehr dunkle und auch sehr verworrene. Aber zumindest ich für meinen Teil habe dafür viel Kredit gegeben, auch wenn es noch nicht ganz rund schien. Die zweite Staffel hatte Captain Pike, was ein großes Plus war, fand sich aber nach wie vor nicht so richtig. Man denke nur an den Endkampf gegen die KI und Michaels Superheldenanzug.
Dann gab es den großen Sprung in der Zeit und da dachte ich: Ok, jetzt sind die Fesseln abgelegt, die Autoren haben alle Freiheiten, etwas wirklich Tolles zu schaffen. Aber ab da fingen die Probleme erst richtig an. Allein die große Story mit dem Brand – an sich eine gute Idee, eine Art von Reset einzubauen. Aber wie schwach wurde der aufgelöst? In Staffel vier gab es die Spezies aus einer anderen Dimension. Dort gab es Momente, aber eigentlich hätte es das doch schon gewesen sein müssen. Was soll man noch erzählen, wenn die Discovery einen Planetenfresser erledigt?
Was mich aber am meisten an all den Geschichten gestört hat, sind die Charaktere. Alles drehte sich nur um Michael. Andere durften nur kurz ins Rampenlicht treten. Und obwohl die Serie darauf aus war, dass jedes Individuum geschätzt werden sollte und auf einer Reise ist, so egoistisch ist sie dann doch in der Umsetzung gewesen und hat es nur sehr wenigen neben Michael erlaubt, etwas mehr Erzählung abzubekommen. Ich bin nach wie vor traurig, dass die Brückencrew dabei fast komplett liegen gelassen wurde. Ich hätte gerne mehr über Linus, das Echsenwesen, erfahren. Oder auch die Androidin Airiam, sie bekam nur in ihrem Tod etwas Story zugeschrieben. Ansonsten durften wir die Gesichter am Steuerpult oder der taktischen Konsole nur mal fröhlich oder ernsthaft sehen, das war’s. Ich hatte mich zu vielen Punkten bereits hier aufgeregt, weshalb ich darauf jetzt nicht nochmal eingehen möchte.
Insgesamt ist es so traurig, weil die Serie alle Chancen hatte. Genug Budget, um gute Schauspieler auftreten zu lassen. Fantastische Visuals – die Serie sah immer großartig aus. Und auch das Vertrauen der Gelbgeber war vorhanden, denn seltsamerweise ließ man sie fünf Staffeln laufen, trotz aller Kritik. Die Autoren hatten also unermässliche Freiheiten. Warum dann so eine Grütze daraus wurde, ist mir schleierhaft. Dass man Probleme erkannt hat, kann man daran sehen, dass Charaktere wie Rayner oder zuvor Pike eingebaut wurden. Auf der anderen Seite gab es offenbar die Erkenntnis, dass Tilly untragbar ist, mit dem Ende von Staffel 4. Aber dann hat man sie ganz unauffällig, als Besucherin, dann doch wieder in Staffel 5 aufgenommen. Sowas verstehe ich nicht.
Wenn ich mir alle Charakterentwicklungen rückblickend anschaue, dann hat dabei ganz klar Saru – und als Einziger – gewonnen. Für ihn gab es ein hervorragendes und nachvollziehbares Skript, welches Doug Jones auch sehr gut umgesetzt hat. Alle anderen Charaktere blieben farblos, unglaubwürdig, nervig oder waren einfach nur gehetzt. Und gehetzt trifft auf Michael zu. Mit ihren Heulattacken stellt sie fast schon Carrie aus Homeland in den Schatten. Die große Selbsterkenntnis und, dass sie zur Ruhe kommen muss, wurde in der letzten Folgen innerhalb von wenigen Minuten realisiert. Davor habe ich in all den Jahren keine andere Michael beobachten können, einzig ihre Frisur hat sich geändert.
Wenn wir von verpassten Chancen im Kontext von Charakteren reden, finde ich auch Kovich rückblickend enttäuschend. Am Ende wurde er entzaubert, seine Hintergrundgeschichte hätte entweder krasser sein sollen oder man hätte es nicht auflösen sollen.
Ich verliere mich aber nun in Details: Fest steht, Star Trek: Discovery hatte alle Möglichkeiten und ist doch gescheitert. Selbst der Joker der Zeitreise, die es ermöglicht, das Franchise ohne Fesseln weiterzuerzählen, hat der Serie nur Probleme bereitet.
Schade. Sehr schade.
Bilder: Paramount+ / CBS Studios
Und in 20 Jahren werden die Fans darauf zurückblicken und sagen: „Das war noch gutes Star Trek“, so wie sie es heute mit dem damaligen Hassobjekt VOYAGER tun. :D
War das damals wirklich so? Hab zu dieser Zeit keine Meinungen im Netz zu Star Trek verfolgt.
Mir persönlich gefiel damals schon Voyager, sogar etwas mehr als DS9, wo ich die erste Staffel Mega langweilig fand.
Enterprise war schon schwieriger aus meiner Sicht, aber – vielleicht auch wegen dem neuen negativ-Benchmark-Discovery – rückblickend gar nicht so verkehrt.
Also ich weiß was ich an jeder der Serien mag und nicht mag. Und ich mag viele der >900 Folgen + 13 Kinofilme. Wie so oft hat Science Fiction die tolle Möglichkeit Ideen zu generieren, nur leider gelingt es nicht allen Autoren, diese hintergründig, schlüssig und auch noch actionreich zu Ende zu bringen. Nur bei den Serien bis VOY und ENT hatte man auch mehr Chancen (=mehr Folgen). Der Schritt, in 10 Folgen eine Hauptgeschichte zu erzählen erhöht auch die Möglichkeit, das eine schlechte Auflösung zum Fall der ganzen Staffel wird.
In jeder der Serien hat es tolle Ideen gegeben, die m.E. bei TNG, DS9, VOY, SNW und PRODIGY am häufigsten gut zu Ende geführt wurden. Discovery hatte gute Ideen und sah toll aus (außer der Klingonen in Staffel 1) aber sie sind nicht aufgegangen.
Was man damals nicht gut fand, findet man heute nicht auf einmal super. Wenn, dann eher anders herum (siehe zahlreiche Filme und Serien, die man als Kind und Jugendlicher urkomisch fand und heute kaum noch schauen kann).
Voyager wird heute noch genau so durchwachsen und kritisch beurteilt, wie damals und nicht im Kanon als „gutes Star Trek“ gefeiert. Die Ablehnung Voyager gegenüber war allerdings zu keinem Zeitpunkt so groß, wie sie bereits heute Discovery gegenüber ist. Daher wird die Beliebtheit von Discovery mit der Zeit eher noch weiter sinken und nicht zunehmen.
Interessant. Habe mir gerade mal die IMDB Bewertungen angeschaut.
Demnach wäre die Hackordnung klar: TNG, DS9, VOY, ENT, DISCO
SNW würde sich aktuell sogar vor DS9 einordnen.
@Jonas
Ich finde übrigens, dass der „Aufreger“ gut geschrieben ist.
Etwas entspannter zwar, als meine regelmäßigen, kritischen Einwände zu der Serie, doch der Versuch etwas nüchtern zu beurteilen ist ja eigentlich generell wünschenswerter, als ein leicht emotionales „Überkochen“…;)
@Rumold, herzlichen Dank :-)
Sagen Star Trek Fans heute wirklich, dass Voyager „noch gutes Star Trek war“?
Sie wird doch wohl eher als mittelmäßig Serie eingeordnet:
https://www.denofgeek.com/tv/every-star-trek-tv-series-ranked/
https://www.moviefone.com/news/every-star-trek-series-ranked/
https://nerdist.com/article/star-trek-series-ranked/
Star Trek Discovery hingegen schneidet bei keinem ernst zu nehmenden Vergleich von Star Trek Serien gut ab.
Danke für die Links.
Bei Metacritic, auch wenn da alte Sachen weniger aussagekräftig sind; sieht man auf jeden Fall einen großen Gap zwischen Kritikern und User bei Voyager (66/100 bei Kritikern und 8./10 bei Usern). Das gleiche gilt für Discovery auch, obwohl da der Gap größer ist (73/100 bei Kritikern und 4.2/10 bei Usern).
Ich vertraue dabei den Userwertungen ;-)
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