Heute startet unsere neue Serie „Soundtrack der Woche“: Hier stellen wir Euch regelmäßig Scores, Tracks und Musik-Alben zu unseren Lieblingsserien vor. Dabei gehen wir einerseits auf die Akteure hinter dem Soundtrack ein, aber natürlich auch ausführlich auf die Musik selbst – und ihre Wirkung auf die Serie. Folge 1: The Leftovers.
Die Serie – darum geht’s
Ich fand den Ansatz der HBO-Serie „The Leftovers“ ja von Anfang an spannend: Die Serie erzählt davon, wie von einem auf den anderen Moment 2 Prozent der Weltbevölkerung einfach verschwindet. Niemand weiß, warum diese Menschen – und ausgerechnet diese – verschwunden sind. Auch fragen sich die auf der Welt verbliebenen Menschen, warum nicht sie selbst verschwunden sind. Es gibt Gruppen, die halten die Verschwundenen für Auserwählte, andere werten das Verschwinden als Bestrafung. Dadurch entstehen immer mehr Konflikte unter den Menschen.
Für die Musik ist der deutsch-englische Komponist Max Richter verantwortlich. Die Produzenten Damon Lindelof (gleichzeitig Schöpfer der Serie, wie unter anderem auch bei Lost) und Peter Berg waren unabhängig voneinander auf max Richter gestoßen. Ich kenne ihn seit dem Recomposed-Album zu Vivaldis Vier Jahreszeiten, die die deutsche Grammophon 2012 veröffentlicht hat. Bei dem Album hat er quasi Vivaldis Klassiker geremixed und neue Teile hinzugefügt – fand ich klasse. Umso größer war meine Freude, als ich hörte, dass Max Richter für den Score zu „The Leftovers“ engagiert wurde.
Die Serie „The Leftovers“ spielt drei Jahre nach dem Verschwinden eines Teils der Menschen in der fiktiven Stadt Mapleton im Bundesstaat New York. Auch hier ist praktisch jede Familie von dem Verschwinden betroffen. Im Mittelpunkt steht die Familie Garvey: Kevin ist Polizeichef in Mapleton und in der Position Nachfolger seines Vaters. Dieser ist in der Irrenanstalt gelandet. Kevins Frau ist der Sekte The Guilty Remnant beigetreten. Die Mitglieder schweigen durchgehend, tragen nur weiße Klamotten und rauchen unentwegt. Kevin erzieht alleine seine Tochter Jill – mit mäßigem Erfolg. Sohn Tom hat sich von der Familie losgesagt und folgt einem Führer namens Wayne. Im Laufe der zehn Folgen der ersten Staffel werden die Konflikte zwischen den Menschen ausführlich aufgebaut. In der Serie gibt’s immer mal wieder sehr starke Momente, die besonders von der Kombination aus Bild und Score profitieren. Dazu aber später mehr.
Der Komponist
Max Richter wurde in Deutschland geboren, ist in England aufgewachsen und lebt heute in Berlin. Er komponiert einerseits viel Filmmusik, auf der anderen Seite hat er auch einige Alben mit „klassischer Musik“ (passt begrifflich nicht ganz, lässt sich so aber am leichtesten einsortieren) veröffentlicht. Das Recomposed-Album hatte ich ja bereits erwähnt. Nachdem ich das Album gehört hatte, habe ich mich an die ersten Alben Memoryhouse und The Blue Notebooks herangetraut. Sie gefielen mir auf Anhieb, vor allem die Kombination aus getragenen, orchestrierten Melodien und sphärischen Elektronikklängen. Die Stücke auf The Blue Notebooks sind außerdem angereichert mit Kafka-Texten, die von der Schauspielerin Tilda Swinton vorgelesen werden.
„The Leftovers“ ist Max Richters erste TV-Produktion. Das Produzenten-Team Damon Lindelof und Peter Berg hatte sich unabhängig voneinander Max Richter ausgeguckt, wie der Komponist in einem Interview mit The Playlist anmerkt. Damon Lindelof erinnerte sich an Max Richters erste Alben und rief ihn an. Executive Producer Peter Berg war auf Max Richters Musik über das Broadway-Musical Macbeth aufmerksam geworden. Als sich beide über ihren jeweiligen Favoriten in Sachen Score unterhielten, merkten sie, da beide von der gleichen Person redeten. Max Richter las daraufhin das Skript und war fasziniert vom Stoff und von der Art und Weise, wie er geschrieben war. Von da an ließ ihn „The Leftovers“ nicht mehr los und er sagte für seine erste TV-Produktion zu.
Auch die Produktion für eine Serie selbst macht Max Richter demnach großen Spaß. Man sei mit einer einfachen Sprache gestartet, und im Laufe der Serienprodutkion wachse das Reservoir an Material immer stärker an. Er bedient sich dabei an Elementen der ersten Folgen und entwickelt diese im Laufe der Staffel weiter. Für ihn sei es schön, mit dem Material für eine längere Zeit zu leben. Bei Kinoproduktionen sei die zeit arg komprimiert – und damit auch der Schaffensprozess. Für ihn ist die Arbeit für eine Serie wie eine Skulptur, die man sich immer mal wieder ansieht, jeweils aus unterschiedlichen Perspektiven und mit verschiedenen Ansätzen. Beim Komponieren für „The Leftovers“ konnte er das Material immer wieder aus unterschiedlicher Position annehmen und bearbeiten. Wie er das gemacht hat, beschreiben wir auf der nächsten Seite.
Schöner Artikel. Gebe dir absolut Recht – ein grandioser Soundtrack (zu einer ebenso grandiosen Serie) :)
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