Die finale Episode der zweiten Staffel True Detective ist vorbei…und damit wurde auch die Frage beantwortet, ob der Fall gelöst wird, wer der Mörder von Ben Caspere ist und wie die vier Hauptcharaktere aus der verstrickten Situation, in die sie im Laufe der Zeit geraten sind, wieder herauskommen.
Zunächst startet das Finale mit Ani und Ray, die – nach offensichtlich gemeinsamer Nacht – bereits so vertraut sind, dass sie sich ihre bewegendsten Geheimnisse anvertrauen und damit die Ruhe ihrer vorherigen Konversation, die allerdings weniger aus Worten, sondern mehr aus Blicken bestand und überhaupt erst zu ihrer Annäherung führte, weiter aufrecht erhalten. Zwei verlorene Seelen haben sich gefunden und können sich gemeinsam wieder aufrappeln. Nur noch eben den Fall klären und dann irgendwo neu starten. Das wär doch was.
Frank drängt seine Frau Jordan dazu, ohne ihn die Stadt zu verlassen. Er hat alles arrangiert, will die letzten Dinge klären und in zwei Wochen nachkommen. Sie malen sich ihr Wiedersehen aus. In einem Park wird er im weißen Anzug, erhobenen Hauptes und mit roter Rose im Jackett durch die Menge auf sie zuschreiten, während sie im weißen Kleid auf ihn wartet. Allein diese Vorstellung klingt schon eher nach einem Wiedersehen im Jenseits als nach einem Wiedersehen auf Erden. Und warum ein weißer Anzug? Frank hat doch nun wirklich genug Anzüge, wie er uns Folge für Folge beweist. Wann soll er denn jetzt noch neben den ganzen zu klärenden Geschäften die Zeit finden sich einen neuen Anzug zu kaufen? Hätte sie auch mal mitdenken können.
Was zwar in der letzten Episode recht eindeutig war, wird jetzt durch das Zuziehen des schwarzen Leichensacks bestätigt. Noch ein letztes Mal kann man einen Blick auf Pauls Gesicht erhaschen bis endgültig klar wird, dass er die Schüsse in den Rücken nicht überlebt hat. Umso aussichtsloser scheint es, als der Mörder auch noch direkt am Tatort bei den Ermittlungen hilft. Ein Anruf von Ray auf Pauls Handy, den nicht er, sondern Burris beantwortet, bringt die Verfolgungsjagd nun richtig ins Rollen. Ray weiß, dass Burris mit in den Fall verwickelt ist, Burris will den Mord an Davis und Woodrugh Ray in die Schuhe schieben. Wie gut, dass Ray und Ani nun darauf kommen, wie alles zusammenhängen kann und den Fall aufklären, bevor auch nur ein Viertel der Spielfilmlänge vergangen ist:
Laura und Leonard, die beiden Kinder, die 1992 bei einem – von Caspere iniziierten, von Chief Holloway „genehmigten“ und von Burris und Dixon ausgeführten – Raubüberfall auf einen Juwelier mitansehen mussten, wie ihre Eltern hingerichtet wurden, haben Rache an Caspere genommen und planen auch den Tod der anderen Beteiligten. Die erste richtige Überraschung ist allerdings, dass Caspere der Vater der beiden Kinder war, die er offiziell zu Waisen machte. Da die Mutter der Kinder zu viel wusste und Caspere damit unter Druck setzte, wurde sie ausgeschaltet. Endlich mal etwas Unvorhergesehenes.
Alles nimmt seinen Lauf. Laura wird in einen Bus gesetzt. Was sie tun soll, kann ihr allerdings keiner sagen. Leonard hat seine Gefühle nicht unter Kontrolle. Das endet böse. Frank wird von der Barbesitzerin seines Vertrauens in einen Hinterraum geführt, in dem er kurzzeitig sicher ist, aber dennoch weiß, was auf ihn zukommt.
„Everything’s ending. Time to wake up.“ (Frank)
Übrigens ist die Barsängerin wieder da! Allerdings keine Gäste für die sie singen kann, denn die Bar ist geschlossen. Dennoch schön, denn ihr Gesang untermalt die weiteren Geschehnisse 1A. In besagtem Hinterraum treffen Ani und Frank nun das erste Mal aufeinander.
„You’re a cop right? Lady cop.“ (Frank)
„What gave me away? The tits?“ (Ani)
Trotz Startschwierigkeiten tritt Frank mit einer Bitte an Ani heran. Er ahnt nämlich, dass aus Jordans und seinem himmlischen Traumdate in zwei Wochen nichts werden wird. Und auch an Ray hat er ein Anliegen…oder zwei: Er teilt Ray mit, dass er Blake ausgeschaltet hat und will damit den gescheiterten Gefallen aus der Vergangenheit halbwegs wieder gerade biegen. Denn darüber hinaus benötigt er kurz auch noch mal seine Hilfe, um sein verschwundenes Geld zurückzuerlangen.
Von nun an läuft alles ziemlich gut. Das Geld haben sie zurück, teilen es auf und verabschieden sich – wäre eine Umarmung wirklich zu viel gewesen? Ray ist auf dem Rückweg und hat noch genug Zeit bis das Boot ablegt, dass Ani und ihn nach Venezuela bringen soll – denn wohlbemerkt werden die beiden gesucht, dafür haben die korrupten Polizisten längst gesorgt. Frank bekommt seine Pässe, zahlt seine Partner aus und auch bei ihm läuft alles glatt. Viel zu glatt, denn das ungute Gefühl, dass es ja nicht so einfach sein kann, begleitet den Zuschauer ständig. Und so bleibt es natürlich nicht bei der reibungslosen Abfolge. Ray will seinen Sohn noch einmal sehen, kehrt vom Weg ab und verabschiedet sich mit Soldatengruß von ihm. Irgendwie emotional und irgendwie komisch. Auch ein Abschied von uns?
Rays kurzer Ausriss aus dem Plan stellt sich als verhängnisvoll heraus. Und auch Frank wird für einen Fehler bestraft, denn er hat vergessen einen wichtigen Geschäftspartner zu bezahlen. Und während Burris Ray durch einen Wald jagt und dieser im Kugelhagel versucht, seine letzte Sprachnachricht an seinen Sohn zu senden, wird Frank ins Nirgendwo gebracht, wo bereits ein frisch geschaufeltes Grab auf ihn wartet.
Immerhin führen die darauffolgenden Ereignisse dazu, dass Frank seine Frau wiedersieht; wie ausgemacht, im weißen Kleid. Doch kein Park in Sicht, keine rote Rose, nur ein blutdurchtränktes Hemd.
„I told you, I make it.“ (Frank)
„You did. You made it. You can rest now.“ (Jordan)
Die Höhepunkte sind abgehandelt, dennoch warten in den letzten verbleibenden Minuten ein paar aufklärende und überraschende Details auf den Zuschauer. Der Vaterschaftstest von Ray wurde beantwortet, Paul wird mit einem Memorial Highway geehrt, Ani erzählt den Fall einem Journalisten und verlässt anschließend mit Jordan und einem Baby (na, Jordans kann es nicht sein) ihre Unterkunft in Venezuela.
Die Überlebensrate der Hauptcharaktere ist mit einem Viertel diese Staffel nicht besonders hoch. Dass alle Männer sterben und die Frauen zusammengeführt werden – mit Kind, das Jordan sich schon so lange wünscht, aber Ani schließlich bekommt – um den Fall doch noch an die Öffentlichkeit zu bringen und die Korruption offen zu legen, kommt etwas zu gewollt daher. Dennoch ist die finale Episode spannend und lässt einige Überraschungen miteinfließen, obwohl einige Erzählstränge aufgrund mangelnder Zeit nicht richtig abgeschlossen werden können. Ebenso hat es die sich langsam steigernde Liebesgeschichte zwischen Ani und Ray meiner Meinung nach in keinster Weise gebraucht.
Rückblick auf die zweite Staffel
Die zweite Staffel True Detective hat sich so gut wie alle Highlights für seine finale Episode aufgespart, was für die letzte Folge zwar gut war, für die ersten Episoden aber zur Folge hatte, dass die Geschichte nicht in Fahrt kam, dass man Folge für Folge auf den Startschuss gewartet hat, der die Einführung der Charaktere ablöse und der Story mehr Aufschwung gebe. Doch bis zur vorletzten Episode konnte man nur gespannt darauf warten. Und dann kam alles Schlag auf Schlag.
Zu verstrickt war der Fall, der verfolgt wurde. Nichts spricht gegen Komplexität, aber nur, wenn sie auch bis ins letzte Detail ausgesponnen ist und dementsprechend erzählt werden kann. Für die persönlichen Geschichten und dunklen Geheimnisse der Hauptcharaktere gab es ebenfalls zu wenig Zeit, um alle zu bedienen und zwischen Zuschauer und Figuren eine Bindung herzustellen. Für manches wurde dagegen deutlich zu viel Zeit beansprucht. Das ist das größte Manko dieser Staffel, die sich möglicherweise zu sehr auf den Lorbeeren der ersten Staffel ausgeruht hat: die ungünstige Zeiteinteilung. Und dazu kommt, dass wir uns hauptsächlich in unverorteten Motels oder dem immergleichen Casino aufgehalten haben. Da fehlte Umgebung, da fehlte etwas Fassbares wie in Staffel 1.
Das klingt jetzt alles ziemlich negativ. Dennoch ist wichtig festzuhalten, dass True Detective stets ein hohes Niveau erfüllt, das man sich trotz Tiefen der Story bewusst machen muss. Mit der letzten Folge hat die Serie viel Spannung geliefert, viele Ereignisse und Auflösungen hervorgebracht, die über einige eher fade Episoden zu Beginn der Staffel hinwegsehen lassen.
Was dagegen überraschend startete und sich etwas verlief, war der Titelsong zu True Detective. Wie wir berichteten, hat sich der Titelsong der Serie Folge für Folge um einige Zeilen geändert, die bei genauerer Betrachtung als Vorboten für die Geschehnisse der jeweiligen Episode dienen konnten. Während die letzten beiden Episoden mit keinem neuen Text mehr überraschten, fiel auch zur aktuellsten Folge keine große Veränderung des Textes mehr, sondern lediglich der Reihenfolge auf. Schade, denn das war ein Pfad, der eine wirklich interessante Ergänzung zur Story darstellte – oder dargestellt hätte, wäre es richtig durchgezogen worden.
Auch wenn es nun erstmal wieder ein bisschen hin ist bis es – mit neuen Detectives – weitergeht, hier ein Ausblick bzw. ein Wunsch für die Zukunft: Für Staffel drei, die es hoffentlich, aber sehr wahrscheinlich geben wird, sollte wieder der Grundsatz herrschen: weniger ist mehr. Weniger Hauptcharaktere, mehr Konzentration auf das Wesentliche, eine ausgeklügelte und komplexe Story, die Zeit hat, sich zu entwickeln und nicht zu stark abdriftet, um von uninteressanten Nebencharakteren zu erzählen. Denn dafür bieten acht Episoden nicht den Spielraum. Am Interessantesten ist sicherlich die Frage, welche Darsteller als neue Ermittler auftreten werden. Lasst uns in den Kommentaren wissen, ob ihr bereits erste Ideen – oder Wünsche habt!
Schönes Review, kann mich da in Vielem anschließen. Irgendwie hast du die guten Folgen erwischt! ;)
Was man schnell vergisst: das ist ja HBO. Sprich mit dem verlängerten Finale waren das zwar nur acht Folgen, aber eigentlich 440 Minuten Laufzeit. Also fast elf „normale“ Folgen. Da kann man schon was erzählen. :)
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