Seit dem 20.11. rollen die Fußbälle über den künstlich klimatisierten Rasen der unter katastrophalen Bedingungen errichteten katarischen Fußballstadien. Die Weltmeisterschaft im Männer-Fußball wird inzwischen zum 22. mal ausgerichtet. Diese WM scheint etwas anders zu sein, denn sie ging auch an mir, der mit Fußball absolut gar nichts am Hut hat, nicht spurlos vorbei. Meine Kollegen Chris und Jonas hatten sich schon in den vergangenen Wochen über die fragwürdigen Kommentare des FIFA-Chefs geärgert und die mangelnde Haltung der Nationalmannschaft kritisiert. Viele scheinen die menschenverachtenden Bedingungen unter denen dieses Sportevent stattfindet nicht gutzuheißen. Das lässt sich zumindest hierzulande auch an den Einschaltquoten ablesen. Gerade mal 9,2 Millionen Zuschauer:innen schalteten beim Auftaktspiel ein (Quelle: AGF). Beim Eröffnungsspiel 2018 waren es noch 25,96 Millionen Menschen, die der Fernsehübertragung beiwohnten. Ganz vergleichen lassen sich die Zahlen zwar nicht, denn in die Zählung fließen keine Zahlen aus dem Streaming ein. Die Onlineaufrufe dürften in diesem Jahr nochmal höher ausfallen als in den Jahren zuvor. Dennoch ist eine Tendenz erkennbar. Nach dem Ausscheiden der Nationalmannschaft am Donnerstagabend dürften sich weitere Fans dem Geschehen abwenden. Ganz anders verhält es sich allerdings im Rest der Welt. Denn wie die FIFA verlauten ließ, steigen die Zahlen im weltweiten Vergleich. Bei unseren Nachbarn aus Italien, Frankreich und Großbritannien beispielsweise wurden deutlich höhere Einschaltquoten als noch 2018 in Putins Russland verzeichnet. Auch der Ticketverkauf spricht, trotz Alkoholverbot vor Ort, eine deutliche Sprache.
Ticketverkauf bei Weltmeisterschaften seit 1986
Die Fans und zahlreiche Sponsoren bleiben trotz aller moralischen Bedenken dem Sport treu. So mag es eine edle Entscheidung sein, wenn sich Bars und Privatpersonen dafür entscheiden die WM in Katar zu boykottieren, aber einen realen Effekt wird diese Handlung kaum haben. Hinzukommt, dass unsere Regierung den Boykott mit einem großen Gasliefervertrag völlig gleichgültig macht. Während wir also die Verachtung von Menschenrechten beklagen, beliefert das Emirat ab 2026 Deutschland über 15 Jahre hinweg mit zwei Millionen Tonnen Flüssigerdgas pro Jahr. Das sind ungefähr 3% unseres Jahresverbrauchs. Damit erübrigt sich das Dilemma, ob man nun die Spiele schauen soll oder nicht. Ich verzichte wie in den Jahrzehnten zuvor aber weiterhin gerne auf die Sportübertragungen und widme mich lieber meinen Serien zu. Die sind ohnehin viel spannender.
Bilder: dpa
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