Wird Frank Schätzings „Der Schwarm“ ein großer Reinfall? Rund um den Starttermin der Serie schlagen aktuell die Wellen hoch: Autor Frank Schätzing, der die Romanvorlage für die 40 Millionen Euro teure ZDF-Produktion geliefert hat, zeigt sich im Interview mit „DIE ZEIT“ enttäuscht über das Ergebnis. Sein genial formuliertes Urteil über die ZDF-Mehrteiler: „Es pilchert mehr, als es schwärmt.“ Damit spielt er geschickt auf die ZDF-Romantikfilmreihe „Rosamunde Pilcher“ an, die eher seichte Unterhaltung bietet. Offensichtlich nicht das, was Frank Schätzing haben wollte, aber beim Screening offensichtlich entdeckt hat.
Konkreter wird Frank Schätzing in seinem Urteil zum Achtteiler (hier gibt’s alle Infos) natürlich auch: Ihn störe, dass die Serie unter ihren Möglichkeiten bleibe. Manches sei kinoreif, anderes „rühr- und redseliges Beziehungskisten-TV“, wie er es im „DIE ZEIT“-Interview formuliert. Auch auf die Schauspieler:innen (alle Darsteller:innen und die dazugehörigen Rollen haben wir in diesem Beitrag vorgestellt) spricht er an: „Gute Schauspielerriege, aber unterfordert.“
Und der Inhalt? „Die globale Dimension der Bedrohung wird nicht spürbar, von Aktualität oder einer intelligenten Alien-Strategie ganz zu schweigen“, sagt er im Interview. Tatsächlich hat das ZDF den Roman natürlich reduzieren müssen. Gerade für die wissenschaftlichen Aspekte gibt es ja zahlreiche Begleitformate. Auch DER SPIEGEL kümmert sich darum.
Immerhin: „Die Special Effects sind ansehnlich, einige richtig gut. Look, Musik, Sound-Design, alles gelungen.“ Davon kann man sich von den ersten verfügbaren Bewegtbildern überzeugen: Einen ersten Trailer gibt es hier zu sehen.
Wie agiert das ZDF? Mit einer eher dünnen Reaktion, wie ich finde, und auch nur auf Nachfrage von dpa, worauf t-online hinweist: Aus Sendersicht sei die Serie „eine sehr gelungene und zeitgemäße Adaption des Romans aus dem Jahr 2004“. Verfilmungen von literarischen Stoffen unterscheiden sich in Erzählform und Dramaturgie immer und erheblich vom Ursprungsmedium Buch, heißt es beim Sender weiter.
Frank Schätzings „Der Schwarm“ ist eine der teuersten Serien-Produktionen des ZDF
Dass Frank Schätzing so schroff reagiert, verwundert mich irgendwie Immerhin hat er persönlich zusammen mit Showrunner Frank Doelger („Game of Thrones“) den Roman aktualisiert und für das Serienformat angepasst. Frank Schätzing war dabei wichtig, dass seine Vorlage nicht einfach verfilmt wird, sondern in moderner Form umgesetzt wird: „Eine Interpretation für kommende Tage, die das Leben, die Ängste und Hoffnungen junger Generationen in den Mittelpunkt stellt. Daran haben Frank Doelger und ich als Team gearbeitet, mit viel Rückenwind vom Initiator ZDF, ohne dessen großartiges Engagement es das Projekt nicht gäbe.“ Auch sonst war alles auf höchstem Niveau vorbereitet: Die Drehbücher stammen von den Autoren Steven Lally („Strike Back“), Marissa Lestrade („Deep State“), Chris Lunt und Michael A. Walker („Young Wallander“). Ihnen zur Seite standen als Fachberater die Polar- und Tiefseeforscherin Prof. Dr. Antje Boetius vom Alfred-Wegener-Institut und Dr. Jon Copley Professor of Ocean Exploration von der University of Southampton. Die Regie übernehmen Barbara Eder („Barbaren“, „Thank You For Bombing“) Philipp Stölzl („Schachnovelle“, „Ich war noch niemals in New York“) und Luke Watson („Britannia“, „Ripper Street“). Die Kamera führen David Luther und Dominik Berg, Production Designer ist Julian Wagner, Dascha Dauenhauer zeichnet verantwortlich für die Musik.
Klingt für mich fast schon so, als habe sich Schätzing bei der eigentlichen Umsetzung nicht mit seinen Vorstellungen durchsetzen können und reagiert jetzt entsprechend eingeschnappt. DIE WELT berichtet auch davon, dass Schätzing im Laufe der Produktion ausgestiegen ist: „Ich bin ausgestiegen, in der Hoffnung, dass mich das Resultat trotz allem begeistern wird. Tut es nicht.“ Dass es um Eitelkeiten gehen könnte, kann man auch aus einem Statement der Regisseurin Barbara Eder herauslesen: „Wenn ich jetzt die teilweise doch ziemlich emotionalen Ausführungen von Schätzing lese, hab ich das Gefühl, dass er am Ende doch nicht loslassen konnte. Schade, dass er nicht erkennen kann, wie toll es geworden ist. Ich hätte es ihm gewünscht“, sagt sie im Tagesspiegel – das sitzt. Weiter sagt sie in dem Interview, dass die Adaption eines Romans immer eine sensible und für den Autor hoch emotionale Angelegenheit sei, „da er sein Baby irgendwann auch ein Stück weit loslassen muss.“ Mit Frank Doelger habe man einen der besten Produzenten und Showrunner der Welt, einen achtfachen Emmy-Preisträger, „der wirklich weiß, was er tut und insbesondere mit der Verfilmung großer Werke sehr viel Erfahrung hat.“ Sie könne sich an viele Meetings erinnern, die Frank Doelger mit Schätzing hatte. Jeder wisse, dass Frank Doelger gut zuhören könne und es ihm stets um den Konsens gehe – ohne dabei seine kreative Vision aus dem Blick zu verlieren: „So nach meiner Beobachtung auch in der Zusammenarbeit mit Frank Schätzing.“ Hier scheint der Knackpunkt zu liegen, denn Frank Schätzing kontert laut DER SPIEGEL: „Am Ende wollte er (Doelger) den ‚Schwarm‘ im Alleingang erzählen, nur nach seinen Vorstellungen.“
Eingeschnappter Star-Autor also – oder es ist natürlich ein großer PR-Coup, um vor dem Start am 22. Februar 2023 die Serie nochmal ordentlich ins Licht der Öffentlichkeit zu stellen. Wer würde jetzt nicht zumindest einmal kurz reinschauen, um sich ein eigenes Bild zu machen?
Bilder: ZDF
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