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Warum Amazon mit einem linearen TV-Kanal auf Streaming setzt – und was das über unsere Sehgewohnheiten verrät

TV-Thema der Woche: Amazon führt einen eigenen TV-Sender ein

19. April 2025, 10:10 Uhr

Ab sofort bietet Amazon Prime Video einen eigenen linearen TV-Sender namens „Prime“ an – hört sich merkwürdig an, ist aber so. Ein Streamingdienst, der einen linearen Kanal startet – das klingt komplett widersprüchlich. Denn Streaming galt bisher als das genaue Gegenteil des klassischen Fernsehens: individuell, flexibel und jederzeit abrufbar. Doch Amazon geht nun einen anderen Weg.​ Und der macht sogar Sinn, wenn man’s sich genauer anschaut.

TV-Aufreger-Amazon-Prime-Video-Werbung

Linearer TV-Sender bei Amazon als Antwort auf die Überforderung durch das Streamingangebot

Christoph Schneider, Country Director von Prime Video Deutschland, erklärt diesen Schritt als Antwort auf die Überforderung vieler Nutzer durch die Vielzahl an Inhalten:​ „Die Speisekarte ist so groß, dass die Entscheidung vielleicht schwerfällt.“ ​Der neue Sender soll als „Serviervorschlag“ dienen, der es den Zuschauern erleichtert, Inhalte zu entdecken, ohne sich durch das umfangreiche Angebot klicken zu müssen – besonders spannende Angebote zur „Prime-Time“ inklusive.​ Auch wir haben ja hier im Blog schon häufiger darüber berichtet, dass uns das Serienangebot hier und da schlicht überfordert. Schneider sagt auch, dass die Möglichkeiten begrenzt seien, auf der Amazon-Startseite alle passenden Inhalte für einen Nutzer zu präsentieren – trotz der neuen Optik und Systematik: „Wir bieten damit Lean Back Entertainment, mehr Orientierung und einen schnelleren Einstieg in die große Vielfalt, die wir zu bieten haben. Zudem ein neues Schaufenster in unseren großen Katalog, den wir nur bedingt auf der Store Front darstellen können“, sagte er gegenüber DWDL.

Das Programm des linearen Senders „Prime“ umfasst eine Mischung aus beliebten Serien, Eigenproduktionen und Live-Events. Zum Start wurden die ersten beiden Episoden der neuen Staffel von „LOL: Last One Laughing“ ausgestrahlt. Weitere Highlights sind Serien wie „Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht“, „Reacher“ und „Fallout“. Auch Live-Übertragungen von Sportereignissen wie der UEFA Champions League und Wimbledon gehören zum Angebot. ​

Prime-TV-Amazon-Sender

Interessanterweise ist der Sender ausschließlich für Prime-Mitglieder verfügbar und nicht frei empfangbar. Das heißt – es kann schonmal nicht als Schaufenster dienen, um neue Kunden zu finden, da diese den linearen Sender schlichtweg nicht sehen können. Das war beim inzwischen eingestellten freevee-Angebot von Amazon anders – dieses werbefinanzierte Angebot hatte ja durchaus den Hintergrund, Prime-Inhalte Nicht-Kunden schmackhaft zu machen, so dass diese sich möglicherweise für ein Abo entscheiden. Disney macht das ja aktuell (noch) mit einem frei empfangbaren Kanal, dem Disney Channel. Netflix hatte vor einiger Zeit mit „Direct“ ein lineares Angebot aufgenommen und in Frankreich gestetet. Im November 2024 war dafür Schluss. Trotzdem sieht Schneider in dem linearen TV-Sender Potenzial, neue Kundenschichten anzusprechen: „Die Hälfte der Deutschen nutzt Streamingdienste, die andere Hälfte aber noch nicht. Die sind mit dem Medium TV vertraut und das reicht ihnen, sagen sie zumindest. Und ich sage mal provokativ: Wenn die nicht zu uns kommen, kommt Prime jetzt zu ihnen – in Form eines ihnen vertrauten, linearen Programms“, wird er von DWDL zitiert.

Diese Entwicklung wirft natürlich Fragen auf: Ist der Schritt hin zu einem linearen Sender ein Rückschritt in alte TV-Zeiten oder ein cleverer Schachzug, um neue Zielgruppen zu erreichen? Einerseits könnte man argumentieren, dass Amazon damit versucht, auch Zuschauer anzusprechen, die mit dem klassischen Fernsehen vertraut sind und sich von der Vielfalt des Streaming-Angebots überfordert fühlen. Passenderweise gibt’s auch Werbefenster auf dem Kanal, wie man es von privaten TV-Sendern gewohnt ist. Allerdings verspricht Amazon, dass die Werbung kürzer und weniger störend sein soll als bei herkömmlichen Privatsendern. ​Das beinhaltet noch einen anderen Aspekt, den Matthes Vogel in seinem Blog herausgearbeitet hat: „Der neue Kanal bietet Amazon auch die Möglichkeit, Werbepartner anzusprechen, die bisher auf klassische TV-Werbung gesetzt haben. Mit dem Prime-Channel können sie ihre gewohnten Buchungsstrategien fortführen, während Amazon gleichzeitig die Reichweite des Kanals messen und optimieren kann.“

Andererseits könnte man kritisieren, dass Amazon damit das Prinzip des On-Demand-Streamings aufweicht und sich dem traditionellen Fernsehen annähert.​ Auch ich bin da zwiegespalten. Ich kenne das von mir selbst, dass ich ganz gerne mal durchzappe und bei dem einen oder anderen linearen Format hängenbleibe, obwohl ich es auch einfach on demand abrufen könnte. Ich möchte es aber dann direkt weiterschauen, wenn ich dort gelandet bin. Möglicherweise ist das auch einfach die Antwort darauf, dass es nicht lineares TV oder Streaming gibt, sondern dass beide Formen ihre Daseinsberechtigung haben und bleiben werden – vorerst zumindest,

Denn letztlich bleibt abzuwarten, wie wir Zuschauer:innen auf das neue Angebot reagieren werden. Ob „Prime“ ein Erfolg wird oder nicht, hängt davon ab, ob es Amazon gelingt, den Spagat zwischen den Erwartungen der Streaming-Generation und den Sehgewohnheiten der klassischen Fernsehzuschauer zu meistern.

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Samstag, 19. April 2025, 10:10 Uhr
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