David Ellison wird sich letztens gedacht haben: „Ach komm, heute kaufe ich mir mal Paramount.“ Okay, er hat dabei nicht so gedacht wie wir, als wir Paramount als weiteren Streamingdienst abonniert haben. Er hat lieber Paramount gleich ganz gekauft, schlappe 8 Milliarden Dollar hat er dafür auf den Tisch gelegt. Die potenzielle Idee dahinter – er vereinigt das altehrwürdige Hollywood-Studio mit seiner eigenen Produktionsfirma Skydance und bringt das Studio mit dem Berg im Logo wieder auf den Gipfel der Entertainment-Welt. Ob das klappt? Und was hat das alles mit „Top Gun“ zu tun?
Möglicherweise mehr als man zunächst annehmen könnte. „Top Gun“ ist David Ellisons Lieblingsfilm. Produziert hat den 80-er Jahre-Klassiker – klar, Paramount. „Dieser Film bedeutet mir alles“, sagte Ellison gegenüber den „New York Times“. „Ich werde nie vergessen, wie ich als kleines Kind diesen Film gesehen habe. Es war der Film, der den Wunsch in mir geweckt hat, Pilot zu werden.“ Okay, Pilot ist er tatsächlich geworden; aber nur, weil einem ein Film gefällt, kauft man ja nicht gleich das komplette Studio. Könnten vermutlich auch die wenigsten.
David Ellison kann. Er ist der Sohn des Oracle-Gründers Larry Ellison, der ihm schon sein eigenes Filmstudio Skydance finanziert hat. Mehr noch: Apple-Mastermind Steve Jobs und Musikproduzenten-Legende David Geffen berieten Ellison: „Die Geschichte von David Ellisons Vorstoß ins Unterhaltungsgeschäft ist so alt wie Hollywood selbst“, schrieb passend das „Wall Street Journal“, und „ein reiches Kind kommt in die Stadt und träumt davon, das ganz große Rad zu drehen.“ Funfact: Genau das gelingt Ellison mit Skydance. Das Studio ist profitabel, hat sich sowohl im Film-, als auch im Seriengeschäft etabliert. Jim Gianopulos, 2021 CEO und Vorsitzender von Paramount, sagte über Ellison: „David hat in relativ kurzer Zeit etwas Bedeutendes aufgebaut – datengetrieben und methodisch sowie kreativ und einfühlsam.“ Das letzte Hollywood-Start-up mit vergleichbaren Ambitionen war wohl DreamWorks SKG, das 1994 von Steven Spielberg, Jeffrey Katzenberg und – genau, David Geffen gegründet wurde.
Was kennt man von Skydance? Eine Menge. Klar, die „Mission Impossible“-Reihe, oder „Baywatch“ und „Grace and Frankie“ auf Netflix, und „Jack Reacher“ zum Beispiel. Oder „True Grit“ – ein Kinohit, der eine Reihe von Oscar-Nominierungen bekam. Und: Auch an der jüngsten Fortsetzung von „Top Gun“ war Skydance beteiligt. Immerhin, aber Ellison wollte mehr: eben Paramount.
„Es ist als hätte ein Junge endlich das Spielzeug bekommen, auf das er seit Langem hingefiebert hat“ heißt es dann auch treffend bei Capital. Aber warum musste es jetzt noch Paramount sein, wenn Skydance schon lief? Der Name, sicher. Aber Ellison hat Pläne, große Pläne: Er wolle „ein Technologie-Unternehmen“ aus Paramount machen, sagte Ellison den „Financial Times“.
Den Fokus möchte er vor allem auf den Streamingdienst Paramount+ legen: Dieser soll mit effizienteren Algorithmen arbeiten, die Nutzer schneller zu neuen Angeboten führen und vor allem verbraucherfreundlicher werden – der Hauptkritikpunkt an dem Streamingdienst gerade auch bei der deutschen Version, wie man auch zigfach in unserer Facebook-Gruppe zu Paramount+ nachlesen kann. Was dabei helfen kann? Na, Oracle natürlich, der Cloud-Anbieter von David Ellisons Vater.
David Ellison dürfte es gewöhnt sein, unterschätzt zu werden. Als er 350 Millionen Dollar an Eigen- und Fremdkapital in Filme wie „Star Trek Into Darkness“ und „Mission: Impossible – Phantom Protokoll“ steckte, lachte Hollywood über seine Bemühungen, als kreative Kraft ernst genommen zu werden. „The Kid Pays for the Picture“ war die Schlagzeile eines Porträts in GQ aus dem Jahr 2015. Es enthielt ein Foto von Ellison, wie er auf dem Paramount-Gelände mit einem wehenden Fallschirm auf dem Rücken posierte – „teils Eindringling, teils Lebensretter, ganz die Anspruchshaltung eines reichen weißen Mannes“, wie es die „New York Times“ beschrieb.
Aber er hat einen Plan. Er studierte Film an der University of Southern California – obwohl sein Vater ihn lieber an einer der Elite-Unis gesehen hätte. Er machte ein Praktikum bei Oracle, merkte aber schnell, dass diese Welt nichts für ihn ist. Die Filmwelt schon, wenn auch nicht als Schauspieler. Im Podcast „Sway“ mit der Journalistin Kara Swisher gab er einmal zu, er habe eingesehen, ein „schrecklicher Schauspieler“ gewesen zu sein. Aber er wurde erfolgreich mit seiner eigenen Produktionsfirma, was ihm viele nicht zugetraut hätten. Vom „Nepo-Baby“ war die Rede, wenn es um Ellisons Unterstützung durch das Geld seines Vaters ging, wie die F.A.Z. es erzählt. Oder von „Dumb Money“, wie es Forbes formulierte. Andere wussten es besser – eben David Geffen zum Beispiel, der über Ellison sagte, dass dieser eben „nicht nur der Sohn von irgendeinem reichen Kerl ist, der ein Stümper ist“. Er arbeite hart und werde immer besser, und das in einer immer schwierigeren Branche.
„Es gab eine Zeit, in der die Leute uns nur als Geld betrachteten, und das wussten wir“, wird David Ellison in den „New York Times“ zitiert. „Aber es hat eine Verschiebung gegeben. Unser Inhalt – die Ideen, die Umsetzung – ist wichtiger geworden als unser Kapital.“ Oder wie es Taffy Brodesser-Akner für GQ formulierte: „Dies ist die Geschichte eines Mannes, der sich seinen Weg nach Hollywood kaufte, weil er reich war, und dort blieb, weil er gut war.“ Scheint also ganz so, als sei es doch kein klassischer Fall von „Filmenthusiast mit Silberlöffel im Mund, der unseren Unterhaltungskonzern gegen die Wand fährt“, wie es ein Paramount-Anteilseigner formulierte, sondern tatsächlich ein Kauf mit System. Und mehr als die einfache Mutmaßung vom Anfang, „ach komm, heute kaufe ich mir mal Paramount.“ Viel mehr.
Bilder: Paramount
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