„Meine Bitte an Sie alle ist, über einen vorübergehenden Waffenstillstand für einen Monat während der Weltmeisterschaft nachzudenken oder zumindest einige humanitäre Korridore einzurichten – oder irgendetwas, das zur Wiederaufnahme des Dialogs als erster Schritt zum Frieden führen könnte.“ so sprach der FIFA-Präsident Gianni Infantino beim G20-Gipfel auf Bali. Mindestens für die Dauer der WM, also vom 20.11. bis zum 18.12.2022 sollten doch die Waffen schweigen, ginge es nach seinen Vorstellungen. Gut, er mag wohl in der Welt des Fußballs sicherlich vieles „zu sagen haben“ – aber vermutlich wird sein Einfluss nicht bis Russland und erst recht nicht zu Putin reichen.
Sei es wie es will – mich regt so etwas natürlich auf, vor allem deshalb, weil ich mich sowieso gerne mal zwischendurch aufrege. Über viele Dinge, weswegen es hier im Blog auch die Rubrik „Aufreger der Woche“ gibt. Heute ist es diese Aussage von Herrn Infantino, die hoffentlich nicht wortwörtlich gemeint sein wird. Ich hoffe inständig, dass sie eher so nach dem Motto „Fußball vereint die Welt“ gedacht war und dieses Großereignis, auf das sich alle 4 Jahre riesig gefreut wird, zum Anlass angesehen werden sollte, doch wieder in den Dialog zu treten. Sport als Vermittler, ähnlich wie der olympische Gedanke, aber eben sehr unglücklich „rübergekommen“. Wenn nicht, frage ich mich ernsthaft, warum Herr Infantino erst jetzt mit dieser Idee daher kommt und nicht schon vorher in die Friedensverhandlungen oder Gespräche oder wie man es auch immer nennt, eingegriffen hat. Dann wäre uns ein langer Krieg erspart geblieben und damit auch sämtliche Folgen für jeden.
Nähmen wir uns doch alle ein Beispiel an Katar, in dem die WM stattfindet. Da ist alles ok und Friede, Freude, Eierkuchen, seit bekannt ist, dass dort das weltweit größte Sportereignis stattfinden wird. Keine Menschenrechtsverletzungen beim Stadionbau, kein umweltschädliches künstliches Herabkühlen der Stadien, für Frauen kein Zwang, ein Kopftuch zu tragen oder sich vorher erst die Erlaubnis eines Mannes holen zu müssen, bevor sie etwas entscheiden darf. Alles dank Fußball, der Fifa, Herrn Infantino. Wahnsinn!
Leider stößt mir diese Aussage eher sauer auf. Als Serienfan kennt doch sicher jeder die Situation der vielgerühmten Pinkelpause. Man ist mitten im Binge-Watching und bemerkt plötzlich, dass sich die Blase meldet. Kein Problem: Flugs der Griff zur Fernbedienung zur „Pause“-Taste und schon ist die Serienwelt auf Standby gestellt. Egal ob mitten im blutigsten Zombie-Angriff bei „TWD“ oder inmitten einer kultigen Folge der „Simpsons“, wenn Homer wieder mal Mist baut – wir pausieren einfach ganz genau dann, wenn es uns passt und auch exakt so lange und oft, wie wir das wollen. Genauso kommt mir das mit der Feuerpause bei der WM vor – es passt eben grad nicht, dass dieser Krieg genau jetzt stattfinden muss! Ein ähnliches Problem hatten wir ja schon bei den olympischen Spielen. Da hat das Ganze auch nicht wirklich reingepasst. Friedliche Spiele und so. Höchstwahrscheinlich geht es nicht nur Herrn Infantino und der FIFA, sondern allen Beteiligten wie immer ums liebe Geld… Und da passt so ein blöder Krieg inklusive Energiekrise einfach gar nicht rein, wenn man Partystimmung verkaufen will.
Wie auch immer, bevor ich jetzt noch ernsthaft „Puls bekomm“, beschließe ich diesen Aufreger hier mit einem schönen Zitat über das WM-Finale 1990:
„Damals hat die halbe Nation hinter dem Fernseher gestanden.“
Franz Beckenbauer
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