Anfang des Jahres 2022, genauer im Februar, flimmerte via Amazon Prime Video eine „One-Man-Army“ namens „Reacher“ über unsere Bildschirme. Ich war von der sehr sehenswerten Umsetzung der bekannten Buchserie von Lee Child sehr angetan, entsprechend gut fiel auch meine Review zur ersten Staffel aus.
Geradlinigkeit, Schwarz-Weiß-Denken, daraus folgend eine strikte Unterteilung der Welt in Gut und Böse vorzunehmen: all das machte Reacher aus und prägte ihn. In der ersten Staffel will er als einsamer Held den Mord an seinem Bruder rächen und lässt sich dabei von niemandem abbringen, egal ob das Behörden, südamerikanische Schurken, Kleinstadtschläger oder Psychopathen sind. Das war eben genau der Reacher, pyhsisch eindrucksvoll in Szene gesetzt durch Alan Ritchson, den ich mir beim Lesen der Bücher vorgestellt hatte.
Entsprechend hatte ich mich auch auf Staffel 2 gefreut, die endlich im Januar diesen Jahres ihren Weg auf unsere Bildschirme fand. Doch was ist passiert: Reacher ist nicht mehr Reacher, sondern einfach „nur“ der optisch herausragendste, da muskulöseste und größte im Team seiner ehemaligen Militäreinheit. Nichts mehr mit coolen Alleingängen, keine „Lone-Wolf“ Thematik, nix mit „One-Man-Army“ – nein – diese Staffel ist ganz dem Team gewidmet. Nicht, dass dieses Team nicht harmoniert oder die Action fehlt, nein. Was mich gnadenlos nervt ist, dass Reacher selbst, so er doch nach wie vor im Titel alleine steht, zur recht farblosen Randfigur degradiert wurde, die ständig zum Ziel kleiner Sticheleien und Witzen über seine Andersartigkeit wird. Doch gerade sein „Andersein“, das Dasein als brummiger Außenseiter, der allein und unaufhaltsam seinen Weg geht, hat ihn ausgezeichnet und – nicht nur mir – wesentlich besser gefallen. Und dass er genau deswegen auch mal belächelt wird, auch wenn es die Serie auflockert, finde ich der Buchreihe gegenüber einfach unpassend.
Folgt man den Pressequellen im Internet, so hat auch der Mitproduzent und geistige Vater von Reacher, Lee Child, reagiert und versprochen, dass sich dies in der dritten Staffel bessern wird. Reacher soll sich wieder mehr dem beliebten Reacher der ersten Staffel annähern. Lassen wir uns überraschen, ob dies der Wahrheit entspricht. Angeblich laufen die Dreharbeiten bereits und vielleicht können wir uns schon zum Jahreswechsel von der Qualität der neuen Staffel überzeugen.
Witzigerweise hat Alan selbst eine ganz eigene Ansicht zum Thema TV und Serien:
„I don’t really watch anything on TV. It’s not really a priority for me.“
Alan Ritchson
Könnte es sein, dass es dich nur nervt, dass Jack Reacher jetzt ein Teamplayer ist und nicht mehr der kühle „Lone-Wolf“ und diese emotionslose „One-Man-Army“, weil du dich in deiner sozialen Isolation anfangs in ihm widergespiegelt fühltest und du ihm seine positive Entwicklung nicht nachmachen kannst?