Der große Tag der Abrechnung ist gekommen in Wayward Pines. Irgendwie rechnet jeder mit jedem ab – ob mental oder physisch. Dramaturgisch und darstellerisch ist die Serie glücklicherweise wieder dort angelangt, wo sie den ersten Folgen nach hingehört.
Zunächst einmal steht Ethan mit Kate in der Mitte der Stadt, bereit für die Abrechnung mit Kate. Er fragt die Stadt, ob alle die Abrechnung, also Kates Tod, wollen – allgemeines ‚Ja‘ ist zu vernehmen. Dann folgt ein Schnitt und wir sind bei dem zerstörten Zaun angekommen, durch den sich die Abbies ihren Weg nach Wayward Pines suchen. Sie werden aber direkt von Ethan gestellt und erledigt. Danach beginnt der Wiederaufbau des Zauns.
Die nächste Abrechnung fällt Ben zu, der vor dem Krankenhaus zu den Schülern aus Wayward Pines spricht. Diese haben sich dort versammelt, um Amy beizustehen, die einen Rückfall erlitten hat. Die Schüler stehen vor dem Gebäude und vollführen ein recht merkwürdiges Ritual – hätte man sich sparen können, wirkt eher lächerlich. Ben gibt zu, dass einige der schlimmen Dinge passieren, weil sich Menschen nicht an die Regeln halten und diese Menschen nicht von seinem Vater bestraft wurden. Er stellt aber auch klar, dass sein Vater weiterhin vor Abrechnungen zurückschrecken wird.
Das veranlasst Jason und eine Gruppe Jugendlicher, die eingesperrten „Terroristen“ um Kate im Gefängnis aufzusuchen. Arlene stellt sich ihnen noch in den Weg, doch Jason räumt sie recht brutal aus dem Weg und lädt seine Waffe. Alle Versuche von Kate, mit psychologischen Tricks Jason von seinem Plan abzuhalten, scheitern. Er schlägt sie nieder und zwingt alle Eingesperrten auf die Knie. Es folgt eine der brutalsten, aber auch eindrucksvollsten Momente der ganzen Staffel: Jason schreitet aufsehermäßig die Reihe der Deserteure ab, lässt sie die Wayward Pines-Glaubensbekenntnisse aufsagen, um sie dann kaltblütig zu erschießen. Dieser Moment ist von Regisseur Nimrod Antal (hat Predators gedreht, und auch Metallicas Through the Never) außerordentlich gut in Szene gesetzt. Harolds Tod wird dadurch gezeigt, dass sein Blut in Kates Gesicht spritzt. Man hört nur einen dumpfen Ton und sieht Kate schreien, ohne sie zu hören. In der nächsten Einstellung sieht man Jason von der Seite, wie er die Reihe abschreitet und jeden erschießt, ehe beim letzten Exekutierten nur noch die Schuhe von Jason zu sehen sind, wie auch sie mit Blut bespritzt werden. Ehe er Kate erledigen kann (tolle Kameraeinstellung aus der Froschperspektive, die Kates niedrige und ausweglose Position unterstreicht), wird er von Ethan angeschossen, so dass Kate am Leben bleibt. Ein starker Moment der Serie, der spannend und schockierend dargestellt wurde, ohne die Hinrichtung an sich zu verherrlichen – im Gegenteil: Man möchte sich schockiert abwenden. Durch die Inszenierung kommt die ganze Sinnlosigkeit und Brutalität des Systems Wayward Pines nochmal eindrücklich ans Tageslicht.
Die nächste Abrechnung ist eben jene angedeutete aus der Anfangssequenz. Theresa hat von Pam einen Zugangsschlüssel zu einem Geheimkeller mit Videoaufzeichnungen erhalten. Sie nimmt Ethan und Kate mit dorthin – und dort sehen sie ein Video von Adam Hassler, dem früheren Boss von Ethan und Kate. In dem Video gibt er vor, ebenfalls im 5. Jahrtausend zu sein, zeigt das zerstörte San Francisco und bestätigt die Abbies-Geschichte. Ob das Video echt ist oder ein Fake, wissen wir nicht. Daraufhin beschließt Ethan, Pilcher reinzulegen und allen Bewohnern von Wayward Pines die Wahrheit zu erzählen.
Die letzte Abrechnung darf dann Pilcher selbst übernehmen – er knipst konsequenterweise Wayward Pines das Licht aus. Nachdem er zusehen muss, wie er offensichtlich seine Macht über die Menschen in Wayward Pines verloren hat, überlässt er sie ihrem Schicksal. Nach und nach schaltet er die Stromkreise ab: in der Stadt, im Krankenhaus, wo wir noch kurz das Null-Linien-Signal von Amys Überwachungsgeräten hören – und beim schützenden Zaun. Die Folge endet damit, wie wir eine Hand der Abbies an der Absperrung sehen – sieht wohl so aus, als würden sie den Zaun jetzt überwinden können.
Insgesamt eine sehr spannungsgeladene Folge mit vielen Highlights. Vor allem von der Leistung des Regisseurs Nimrod Antal bin ich sehr angetan. Die einzelnen Stillleben von blätternden Fassaden, dem Karussell oder des Kellerverstecks sind toll inszeniert. Auch die Perspektivwechsel – von überblicksartig von oben bis zur Frorschperspektive von ganz unten sind klasse eingesetzt. Interessant finde ich auch, wie er die Schreie in der Folge eingesetzt hat – der Abbie schreit optisch auf die gleiche Weise wie Arlene und Kate – sieht man auch ganz gut auf den drei Fotos hier im Review.
Auch gut: die Darsteller. Die immer stärker zweifelnde Pam wird von Melissa Leo überzeugend dargestellt, auch die eingeschüchterte Arlene gefiel mir gut. Endlich zeigt auch Toby Jones als Pilcher überzeugende Leistungen: Letzte Woche hatte ich ja noch bemängelt, dass Pilcher vollkommen emotionslos und der Situation nicht angemessen dargestellt rüberkommt. Das ist in dieser Folge ganz anders: Seine Zerissenheit wird toll in seiner Mimik ausgedrückt, und gerade sein verzweifelt-diabolischer Ausdruck am Ende macht Eindruck. Theresas Entdeckung wurde hingegen meines Erachtens etwas lieblos dargestellt und hätte sicher eine eigene Folge verdient gehabt. Höhepunkt war aber natürlich – wie beschrieben – die Umsetzung der Abrechnung im Sheriff-Büro – das war stark inszeniert und umgesetzt.
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